In der Rückschau wirkt die Ruhrbesetzung durch Frankreich oftmals wie ein unglückliches und völlig unbegreifliches Ereignis in der deutsch-französischen Geschichte. Doch dem Einmarsch der Franzosen vor 100 Jahren ging eine lange Tradition voraus.
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Frau Wagenknecht ignoriert die Tatsache, dass wir nur über eine eingeschränkte Souveränität verfügen. Der Eindruck, in bestimmten Fragen unterstünden wir einem amerikanischen „Landpfleger“, ist nicht von der Hand zu weisen. Die USA machen uns ungefragt zur Kriegspartei. Es ist, als regierten wir uns in Schicksalsfragen nicht selbst. Beim Pontius! Daran kann auch ein Bohlen nichts ändern, auch wenn er dem Pilatus persönlich mit dem Finger drohte.
Interessant ist, daß Deutschland bereits nach dem Ersten Weltkrieg die „Augenhöhe“ verloren gegangen war.
Wenn Deutschland über Frankreich gesiegt hatte (wie 1871) oder wenn eine „internationale Staatengemeinschaft“ Frankreich gemeinsam niedergerungen hatte (wie in den Napoleonischen Kriegen), dann hatten die Sieger Frankreich nie den grundsätzlichen Status einer souveränen Großmacht genommen.
Aber 1922/23 war offenbar bereits die dauerhafte Souveränitätseinschränkung für Deutschland manifest:
hier „die Siegermächte“ (=Subjekte), die darüber befinden, wie „man“ mit Deutschland (=Objekt) umgehen soll.
Hier die „normale Menschheit“, dort das deutsche Problemland.
Wir heutigen Deutschen kennen das als Normalzustand, weil wir mit ihm aufgewachsen sind.
Aber für die damaligen Deutschen muß diese Zurückweisung eine ungeheure Kränkung gewesen sein.
Man stelle sich einmal vor, nur als Gedankenspiel, die vier Machtstaaten Frankreich, Deutschland, Rußland und die USA hätten sich zur „Weltgemeinschaft“ erklärt, würden dann gemeinsam Großbritannien besetzen und über eine „Englandpolitik“ debattieren: wie mit diesem Problemfall der Menschheit zu verfahren sei.
Die europäischen Völker waren einmal wachsende Völker. Aufkeimende Industrialisierung (´Nutzung der Energie von Kohle & Co) und aufkeimende Moderne Medizin bewirkten das
Heute schrumpfen die europäischen Völker. Das trotzdem immer weitergehende Wachstum der Erdbevölkerung findet heute in den Kolonien statt, die Europa unter Zurücklassung seiner Modernen Medizin und seines technischen Knowhows aufgegeben hat.
Als das Französische Volk noch ein wachsendes war, benötigte es zusätzlichen „Lebensraum“. Der wurde in der Neuen Welt gefunden. Auch „im Süden“, jedoch nicht Spanien, sondern in Afrika. „Im Westen“ war das ganz schlecht. Da taugte der Lebensraum nur für Fische. Aber im Osten … „Lebensraum im Osten“, das war eine Perspektive.
Und so wurden Deutsche und Franzosen zu Erbfeinden im Ringen um die Rheingrenze.
Im südlichen „Osten“ sorgten die Alpen für eine gewisse Sortierung. Schließlich wechselte Italien die Fronten und verbündete sich mit Frankreich (hatten wohl für den Fall des Sieges mehr versprochen als die Deutschen)
Im nördlichen „Osten“, da gab es die mißlungene Eroberung, aber Verwüstung, der Pfalz. Später wurde der Rheinbund geschaffen.
Die Ruhrbesetzung paßt da hin
Interessant wäre zu wissen, wie sich die junge NS-Bewegung positionierte. Irgendwo las ich, dass mit Rücksicht auf das faschistische Italien nicht nur der Verzicht auf Südtirol ausgesprochen wurde, sondern sogar der Protest gegen die Ruhrbesetzung relativ lau ausfiel. Wenn das stimmt, wirft das ein schräges Licht auf die gerade erst gegründete NSDAP.
Um modernes geschichtspolitisches Vokabular zu gebrauchen, könnte man hier nicht von einem französischen Überfall sprechen?
1940 trampelten deutsche Militärstiefel über die Champs-Elysées – nachdem 17 Jahre zuvor französische Militärstiefel durchs Rheinland und durchs Ruhrgebiet trampelten.
Derweil kann man die französische Furcht vor deutschen „Aggressionen“ nur als Paranoia bezeichnen. Zu keiner Zeit hatte das deutsche Kaiserreich von 1871 irgendein Interesse an französischem Staatsgebiet gezeigt. Wenn sich jemand vor Aggressionen in Acht nehmen mußte, dann war es das saturierte Deutschland vor den Gebietsansprüchen diverser Nachbarländer.
Ohne Not hatte Frankreich den regionalen Konflikt zwischen der Donaumonarchie (dem wichtigsten Bündnispartner Deutschlands) und Serbien (einem außenstehenden Drittland, das nicht der Entente angehörte und als permanenter Unruhefaktor in einen Balkankrieg nach dem anderen verwickelt war) zu einem europäischen Krieg hoch eskaliert.
Die Verwüstungen durch den Stellungskrieg in Nordfrankreich waren schlimm.
Aber wenn man einen Krieg bestellt, kann man sich schlecht über die unvermeidlichen Folgen beschweren.
Bravo, Junge Freiheit, diese Art politischer Rückschau ist wichtig, um die derzeitigen woke- und Weltordnungsfantasien ins richtige Licht zu rücken. Wer immer noch glaubt, der Mensch sei für grenzenlose Freundschaft geboren oder geeignet, eigene Interessen zu hinten anzustellen, befindet sich auf dem Holzweg, siehe Sprengung der Ostseepipelines Nordstream 1 & 2.
Danke für diese so informierte wie informative „Geschichtsstunde“!
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