LÖRRACH. Der Lörracher Bürgermeister Jörg Lutz (parteilos) hat die Pläne zur Umsiedlung von Mietern, die Flüchtlingen Platz machen sollen, verteidigt. „Der Vorgang taugt nicht zum Skandal“, sagte das Stadtoberhaupt auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz. In der Stadt habe es bereits mehrfach derartige Fälle gegeben. Im Gegensatz zum derzeitigen Fall habe sich niemand beschwert. Eine geplante Bewohnerversammlung wurde dagegen wegen der „aufgeheizten Stimmung“ abgesagt.
Der Fall hatte deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt, nachdem am Montag ein Schreiben der städtischen Wohnungsgesellschaft an die Mieter aufgetaucht war, in denen diesen die kurzfristige Kündigung ihrer Wohnungen mitgeteilt worden war, weil diese „für Flüchtlinge“ geeignet seien. Dort sollen Ukrainer einziehen. Lutz erklärte, es sei ohnehin geplant gewesen, die Wohnungen wegen ihres Zustandes in den kommenden Jahren abzureißen und neu zu bauen.
AfD-Abgeordnete stellen Strafanzeige
Zahlreiche, der zum Teil hochbetagten und gesundheitlich angeschlagenen Bewohner, hatten sich in den vergangenen Tagen über das Vorgehen des städtischen Unternehmens beschwert und den Zwangsumzug abgelehnt. Der massive öffentliche Druck führte nun dazu, daß die Wohnungsgesellschaft versprach: „Wer partout nicht aus seiner Wohnung heraus will, den werden wir nicht zwingen.“ Allerdings seien Kündigungen wegen des „öffentlichen Interesses“ rechtlich eigentlich möglich.
Die Gesellschaft beklagte, in den vergangenen Tagen zahlreiche „Haßnachrichten“ erhalten zu haben. Bürgermeister Lutz versprach umzugswilligen Mietern, die Umsiedlung werde mit bis zu 2.000 Euro je Haushalt unterstützen. Die neuen Wohnungen seien moderner und wären auch für sozial Schwache bezahlbar.
Unterdessen erstatteten vier Landtagsabgeordnete der AfD in Baden-Württemberg Strafanzeige wegen Nötigung gegen die Wohngesellschaft. Diese hätte die Mieter mit ihrem Verhalten einschüchtern wollen. In der Anzeige, die der JF vorliegt, heißt es: „Die – ausnahmslose und unausweichliche – Ankündigung der Wohnungskündigung stellt wohl unstreitig eine Drohung mit einem ‘empfindlichen Übel‘ dar; denn der Nachteil des angekündigten Verlusts der Wohnung ist unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse vieler Betroffener geeignet, diese zu dem mit der Drohung erstrebten Verhalten zu bewegen.“ (ho)
Die bisherige Berichterstattung der JF zum Fall Lörrach:
>> Lörrach: Mieter müssen Flüchtlingen weichen
>> Kommentar: Verdrängung mit System
>> Flüchtlinge kommen: Das merkwürdige Spiel mit den Lörracher Mietern
>> Mieter raus, Flüchtlinge rein: Palmer kritisiert Lörracher Amtskollegen
>> AfD fordert Anti-Rauswurf-Garantie für Mieter