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US-Wahlkampf: Trump, Putin und die 20.000 E-Mails

US-Wahlkampf: Trump, Putin und die 20.000 E-Mails

US-Wahlkampf: Trump, Putin und die 20.000 E-Mails

Zeichnung von Putin und Trump in Litauen
Zeichnung von Putin und Trump in Litauen
Zeichnung von Putin und Trump in Litauen: Viele Behauptungen, wenig Beweise Foto: picture alliance / AP Photo
US-Wahlkampf
 

Trump, Putin und die 20.000 E-Mails

Rund 20.000 gehackte E-Mails der Demokraten wurden auf Wikileaks veröffentlicht. Die Korrespondenz zeigt, wie sehr die Parteispitze „ihre“ Eliten-Kandidatin Hillary Clinton durchgesetzt hat. Die Partei macht nun Rußlands Präsident Putin für die Veröffentlichung verantwortlich – ohne Beweise vorzulegen.
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Rund 20.000 gehackte E-Mails haben Hillary Clinton die Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten jedenfalls atmosphärisch vermasselt. Die auf Wikileaks veröffentlichte Korrespondenz zeigt, wie sehr die Parteispitze „ihre“ Eliten-Kandidatin gegen den im Volk beliebten Konkurrenten Bernie Sanders durchgesetzt hat.

Als Cyber-Bösewicht hat Rußland dem Reich der Mitte den Rang abgelaufen. Laut US-Medien lastet die kalifornische Sicherheitsfirma CrowdStrike, von der Parteiführung der Demokraten bereits im April engagiert, den Datendiebstahl zwei russischen Gruppen an. Die eine – APT 29 – gehört demnach zum Inlandsgeheimdienst FSB, die andere – APT 28 – zur militärischen Abwehr GRU.

Natürlich legt niemand Beweise vor; auch CrowdStrike läßt sich nicht in die Karten blicken. Doch die Versuchung, die beiden Medien-Buhmänner Donald Trump und Wladimir Putin als Gespann darzustellen, ist unwiderstehlich. Noch wesentlich stärker als in Deutschland spielt Putin in den USA die Rolle des politischen Kinderschrecks; die antisowjetische Propaganda vom „Reich des Bösen“ wirkt lange nach.

Behauptungen und Gegenbehauptungen

Jedenfalls läßt das US-Establishment, wo man Trump fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, die Chance nicht ungenutzt. Trump selbst bezeichnet die Behauptungen als „neuesten Witz in der Stadt“: Katastrophale E-Mails, die nie hätten geschrieben werden dürfen, tauchten plötzlich in der Öffentlichkeit auf, und alles nur, weil Putin ihn möge.

Die Expertenblogs quellen über vor Behauptungen und Gegenbehauptungen. Für die Linksliberalen aller Länder ist die Sache ohnehin gegessen: Die Achse der autoritären Demokraten festigt sich. Männer wie Putin, Trump, Erdogan und einige andere stützen sich gegenseitig und bedrohen die Freie Welt.

Daß es so einfach nicht ist, erfuhr jüngst der CNN-Talkmaster Fareed Zakaria in St. Petersburg. Als Moderator bei einem Wirtschaftsforum fragte er Wladimir Putin, warum er Donald Trump als „brillant, talentiert und schlau“ bezeichnet habe. Putin antwortete mit einer Gegenfrage: Warum Zakaria alles verzerre und durcheinanderwerfe. Er, Putin, habe Trump überhaupt nur mit einem einzigen Attribut belegt: schillernd.

Keine Nähe zwischen Trump und Putin

Auch andere Aussagen, die eine angebliche Nähe der beiden Politiker belegen sollen, verlieren beim Hinsehen an Substanz. So die Behauptung, Trumps außenpolitischer Berater Carter Page sei für Gazprom tätig und finanziell von Rußland abhängig. Fakt ist, daß Page seit 2007 nicht mehr für Gazprom arbeitet. Ähnlich dünn sind die Anschuldigungen gegen seinen Wahlkampfleiter Paul Manafort. Der hat in den Jahren 2004-2010 den späteren ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch beraten. Daraus ein Näheverhältnis zum Kreml herzuleiten, zieht nur in Amerika.

Als weiterer Hinweis gelten die russischen Käufer Trump’scher Immobilien, etwa in dem 2010 fertig gestellten Hotelturm Trump SoHo in New York. Für einen Entwickler von Premium-Projekten ist das nichts Besonderes. Russische Reiche, wie auch immer sie zu ihrem Geld gekommen sind, investieren weltweit in Toplagen. Existierten die behaupteten engen Kreml-Kontakte wirklich, dann wäre der umtriebige Unternehmer längst auch mit eigenen Projekten im russischen Markt aktiv.

Der Grundkonflikt ist ein anderer

Ebenso fragwürdig ist die Aussage, Rußland stehe hinter Trump, weil es sich von dem Republikaner eine „bessere Behandlung“ erhoffe oder, sollte Trump es ins Weiße Haus schaffen, mit seiner Hilfe den Westen „destabilisieren“ könne. Beide Argumente verkennen die grundsätzliche Präferenz der russischen Außenpolitik für stabile Verhältnisse. Zur Wehr setzt Moskau sich allerdings gegen Versuche, Rußland und seinem Einflußbereich die hegemoniale westliche Weltanschauung mit dem ihr eigenen Universalismus überzustülpen.

Auch der außenpolitische Guru der russischen Elite, Fjodor Lukjanow, sieht in den Vorwürfen einer Rußland-Connection vor allem ein Mittel der Trump-Gegner, dem Kandidaten zu schaden – und erinnert daran, daß der gleiche Versuch bei der Brexit-Entscheidung der britischen Wähler wirkungslos blieb.

Lukjanow interpretiert die Konfrontation Clinton-Trump als Beginn der Auseinandersetzung um das politische Selbstverständnis der USA nach dem Ende der „unipolaren“ Ära, also seit der Formulierung neuer geopolitischer Ansprüche seitens Chinas und Rußlands. Beide Kandidaten, Clinton wie Trump, verkörperten Karikaturen ihrer jeweiligen politischen Position. Bei den Präsidentschaftswahlen 2020 sei mit seriöseren Kandidaten zu rechnen – der Grundkonflikt zwischen einem internationalistisch engagierten und einem isolationistischen Amerika werde jedoch das beherrschende Thema bleiben.

Zeichnung von Putin und Trump in Litauen: Viele Behauptungen, wenig Beweise Foto: picture alliance / AP Photo
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