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Inflation: Deutschland leidet an der Geldwertschwindsucht

Inflation: Deutschland leidet an der Geldwertschwindsucht

Inflation: Deutschland leidet an der Geldwertschwindsucht

Fünf Euro im Geldbeutel: Das ersparte der Bürger schmilz aktuell geradezu dahin
Fünf Euro im Geldbeutel: Das ersparte der Bürger schmilz aktuell geradezu dahin
Fünf Euro im Geldbeutel: Das ersparte der Bürger schmilz aktuell geradezu dahin Foto: picture alliance / Karl Schöndorfer / picturedesk.com
Inflation
 

Deutschland leidet an der Geldwertschwindsucht

Geld verliert aktuell so rasant an Wert wie zuletzt vor 70 Jahren. Die Bundesregierung verweist mit Blick auf explodierende Kosten auf den Krieg in der Ukraine. Doch Schuld daran ist auch die Europäische Zentralbank mit ihrer verantwortungslosen Geldpolitik. Ein Kommentar von Ulrich van Suntum.
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Das Statistische Bundesamt wartet mit einer neuen Hiobsbotschaft auf: Im August sind die Erzeugerpreise nochmals um 7,9 Prozent gegenüber dem Juli gestiegen. Damit lagen sie um sage und schreibe 45,8 Prozent höher als im August des Vorjahres. Das ist der höchste Anstieg seit Beginn der Statistik im Jahr 1949. Selbst während der Ölkrise Anfang der 1970er Jahre war eine solche Explosion der Unternehmenskosten nicht zu beobachten. Auch für die weitere Entwicklung der Verbraucherpreise verheißt dies nichts Gutes.

Zwar werden die Erzeugerpreise immer nur zeitverzögert und auch nicht Eins-zu-eins an die Verbraucher weitergegeben, da in den Ladenpreisen noch andere Komponenten wie die Handelsmarge und Transportkosten enthalten sind. Dennoch erwartet die Bundesbank bei den Verbraucherpreisen eine Inflationsrate von zehn Prozent und mehr in den Herbstmonaten. Ein solches Tempo der Geldentwertung hat es zuletzt 1951, also vor über 70 Jahren gegeben. Nach Auffassung der Bundesregierung ist daran vor allem der Krieg in der Ukraine und die damit einhergehende Gasknappheit schuld. Tatsächlich haben sich die Energiepreise in den vergangenen zwölf Monaten mit einem Plus von 139 Prozent weit mehr als verdoppelt.

Erdgas war für industrielle Abnehmer mehr als dreimal so teuer wie im Vorjahr, ähnliches gilt für Strom. Hier profitieren zwar viele Unternehmen und Privatkunden aktuell noch von bestehenden Lieferverträgen mit günstigeren Tarifen. Aber über kurz oder lang werden die dramatisch gestiegenen Einstandskosten der Stromverteiler sich auch in den Endabnehmerpreisen widerspiegeln. Aber auch ohne Berücksichtigung der Energiekosten waren die Erzeugerpreise im August um 14 Prozent höher als vor Jahresfrist. Denn viele Vorprodukte wie Metalle und chemische Grundstoffe haben sich ebenfalls deutlich verteuert.

Auch die teilweise dramatisch gestiegenen Preise für wichtige Grundnahrungsmittel lassen sich kaum allein mit den Energiekosten erklären. So kostet etwa Butter derzeit 75 Prozent mehr als vor einem Jahr, Milch ist immerhin um 35 Prozent teurer geworden. Wir sehen also nicht nur eine Energiekrise, sondern eine ausgewachsene Inflation, wie sie Deutschland seit der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht mehr erlebt hat.

Geld der Bürger schmilzt dahin

Daß es in den meisten EU-Ländern kaum besser aussieht mit der Geldwertstabilität, ist weder ein Trost noch eine Entschuldigung. Denn hier kommt die Europäische Zentralbank und ihre unverantwortliche Geldpolitik ins Spiel. Seit der Finanzkrise 2008 hat sie die Geldmenge versechsfacht – und zwar nicht absolut, sondern relativ zur Wirtschaftsleistung! Zwar gelangte dieser riesige Geldmengenüberhang zunächst nicht in den Wirtschaftskreislauf. Stattdessen wurde er von Banken, Unternehmen und vermögenden Privatpersonen gehortet, um auf höhere Zinsen zu warten. Es war aber nur eine Frage der Zeit, bis sich dieses Schneebrett lösen und zu einer Inflationslawine führen würde.

Genau das ist jetzt passiert. Einmal in Gang gekommen, ist diese nun kaum noch zu stoppen. Denn viel zu spät und zögerlich hat die EZB begonnen, mit zaghaften Zinssteigerungen der Geldentwertung gegenzusteuern. Man muß sogar annehmen, daß das Absicht war. Die Zeiten, in denen Zentralbanken unabhängig von den Interessen der Regierungen handelte, sind jedenfalls längst vorbei. Und der Staat ist nun einmal der größte Inflationsgewinner. Er profitiert nicht nur von höheren Steuereinnahmen, sondern vor allem von einer für ihn kostenlosen, automatischen Senkung seiner Schuldenlast. Denn nicht nur der reale Wert der Sparguthaben seiner Bürger schmilzt durch die Geldentwertung dahin, sondern auch der Wert seiner eigenen Verbindlichkeiten.

Schon immer haben sich überschuldete Regierungen das zunutze gemacht. So war die gesamte Staatsschuld des Deutschen Reichs nach der Hyperinflation 1923 und der anschließenden Währungsreform nur noch ein paar Pfennige wert. Ganz so weit ist es derzeit noch nicht. Daß die EZB aber vor allem die hochverschuldeten Südländer schützen wollte, ist evident. Höhere Zinsen hätten diese möglicherweise in Schwierigkeiten gebracht, während hohe Inflationsraten ihnen den Schuldendienst erleichtern. Die Dummen dabei sind die Bürger: Während die Regierung auf den Krieg verweist und die EZB großzügig ankündigt, ihre Prognosemodelle überarbeiten zu wollen, halbieren sich ihre Sparguthaben bei der derzeitigen Inflationsrate innerhalb von nur sieben Jahren.

Fünf Euro im Geldbeutel: Das ersparte der Bürger schmilz aktuell geradezu dahin Foto: picture alliance / Karl Schöndorfer / picturedesk.com
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