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Währungspolitik: Wie berechtigt ist die D-Mark-Nostalgie?

Währungspolitik: Wie berechtigt ist die D-Mark-Nostalgie?

Währungspolitik: Wie berechtigt ist die D-Mark-Nostalgie?

Eine 1-Euro-Münze und 1-DM-Münzen in der Abbildung einer Informationsbroschüre (aufg. am 2.3.1998 in Stralsund). Deutschland hat die entscheidende Hürde für die Teilnahme an der Europäischen Währungsunion genommen. Die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte betrug 1997 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden 2,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Neben Deutschland haben auch die übrigen zehn Euro-Kanditaten die Beitragskriterien erfüllt.
Eine 1-Euro-Münze und 1-DM-Münzen in der Abbildung einer Informationsbroschüre (aufg. am 2.3.1998 in Stralsund). Deutschland hat die entscheidende Hürde für die Teilnahme an der Europäischen Währungsunion genommen. Die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte betrug 1997 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden 2,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Neben Deutschland haben auch die übrigen zehn Euro-Kanditaten die Beitragskriterien erfüllt.
Eine Euro-Münze und vier D-Mark-Münzen: Die Umstellung auf die Gemeinschaftswährung hatte Vor- und Nachteile. Foto: picture-alliance / dpa | Stefan Sauer
Währungspolitik
 

Wie berechtigt ist die D-Mark-Nostalgie?

Mit der guten alten D-Mark war alles besser, hört man oft. Doch stimmt das? Wie krisenfest war die Nationalwährung gegenüber dem Euro? Wer sind die Gewinner und Verlierer der überstaatlichen Währung?
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Zum Ende der D-Mark-Zeit mußte man für ein normales Brötchen 50 Pfennig bezahlen. Nach Umstellung auf den Euro zum Kurs von 1,95583 waren das etwa 25 Cent. Heute verlangt der Bäcker fast zweimal soviel. Ein Liter Diesel kostete zur Jahrtausendwende etwa 80 Cent, heute zahlt man dafür mehr als das Doppelte. Ist der „Teuro“, wie die Gemeinschaftswährung schon bald genannt wurde, seinem Spitznamen also gerecht geworden? Und war die D-Mark wirklich stabiler, oder ist das nur ein Mythos?

Einerseits hat der Euro in den 26 Jahren seit Einführung als Buchwährung beträchtlich an Kaufkraft verloren. Gemessen am Preisindex der Lebenshaltung ist heute ein 100-Euro-Schein nur noch 62,40 Euro und eine Ein-Euro-Münze nur noch 62 Cent wert. Damit hat er kaum noch mehr Kaufkraft als die damalige D-Mark, was auch dem Empfinden der Verbraucher entspricht. Andererseits war die D-Mark unter dem Strich keineswegs wertstabiler.

Die D-Mark half den Sparern

In den letzten 25 Jahren ihres Bestehens hatte sie etwas mehr als die Hälfte ihres Wertes eingebüßt und damit sogar mehr als der Euro im gleich langen Folgezeitraum. Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn in die D-Mark-Zeit fielen zwei große Ölkrisen mit massiv steigenden Energiepreisen, während der Euro mit dem Ukrainekrieg bisher nur eine vergleichbare Periode erlebte. Zudem profitiert er im Inflationsvergleich von zwei deflationären Phasen, nämlich während der Finanzkrise 2009 und der späteren Corona-Epidemie.

Ohnehin ist es immer problematisch, zwei völlig unterschiedliche Zeiträume miteinander zu vergleichen. Zumindest eines kann man aber sagen: Die Sparer haben mit dem Euro sehr viel Geld verloren, während das zu D-Mark-Zeiten nicht der Fall war. Denn damals wurde die Inflationsrate im großen und ganzen durch entsprechend hohe Zinsen ausgeglichen, was unter der EZB-Regie nicht mehr der Fall war. Hier kam es zu Negativzinsen sogar in nominaler Rechnung: Die Banken nahmen zeitweise Geld dafür, anderer Leute Geld aufzubewahren.

Die Grafik zeigt die Geldwertentwicklung des Euro. Die D-Mark war in Inflationszeiten stabiler.
Quelle: Bundesbank Grafik: JF

Im Durchschnitt verlor man unter dem Euro mit liquider Geldhaltung auf dem Sparbuch oder Girokonto fast ein Prozent seines Vermögens pro Jahr. Zu D-Mark-Zeiten wurde man damit zwar auch nicht reich, aber zumindest blieb einschließlich der Zinsen der Vermögenswert trotz Inflation einigermaßen erhalten.

Manche profitieren vom Euro

Aufschlußreich ist auch ein Vergleich der Wechselkurse. Der Außenwert einer Währung ist weniger abhängig von weltpolitischen Ereignissen, da diese fast alle Länder und Währungen betreffen. Betrachtet man etwa den Wert einer D-Mark in Dollar, so hat sich dieser von ursprünglich einmal etwa 25 Cent auf zum Schluß etwa 45 Cent beinahe verdoppelt, wenngleich mit zwischenzeitlichen Schwankungen.

Dagegen ist der Wert eines Euro in Dollar gemessen nur anfangs gestiegen und liegt heute kaum höher als bei seiner Einführung, nämlich nahe der Parität. Ähnliche Unterschiede zeigen sich auch im Vergleich mit dem Franken. Die D-Mark erlebte nur in den 1970er Jahren einen deutlichen Wertverlust gegenüber der Währung der Schweiz, war aber in ihren letzten 25 Jahren weitgehend kursstabil. Demgegenüber hat der Euro gegenüber dem Franken nahezu kontinuierlich an Wert verloren und ist daran gemessen heute 40 Prozent weniger wert als bei seiner Einführung.

Als Zwischenfazit kann man ziehen: Die Inflationsrate war unter dem Euro sogar etwas niedriger als in D-Mark-Zeiten, begünstigt allerdings auch durch anders gelagerte globale Krisen. Der Außenwert der D-Mark gegenüber anderen Weltwährungen hat sich dagegen seinerzeit deutlich günstiger entwickelt, was sicher maßgeblich zu ihrem bis heute guten Ruf beigetragen hat. Namentlich die früheren Währungen der anderen EU-Länder wie Italien, Frankreich oder auch Griechenland erwiesen sich gegenüber der D-Mark als ausgesprochene Weichwährungen. Die Konsumenten dieser Länder haben insoweit von dem deutlich stabileren Euro tatsächlich stark profitieren können. Auf die Sparer trifft dies weniger zu, denn sie hatten ebenso wie die deutschen Geldanleger unter einer real negativen Verzinsung ihres Vermögens zu leiden.

Die Regeln wurden ignoriert

Ein wichtiges Ziel des Euro war neben der Geldwertstabilität auch die Begrenzung der Staatsverschuldung. Deutschland hatte entsprechend strenge Vorgaben im Maastrichter Vertrag schon als Vorbedingung zum Euro-Beitritt durchgesetzt, und auch danach sollten sie weiter gelten. Im nachhinein muß man aber feststellen, daß eigentlich nur Deutschland selbst sich daran gehalten hat – zumindest einigermaßen. So liegt die aktuelle Staatsverschuldung mit 65 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) hierzulande nur knapp über der Maastricht-Grenze von maximal 60 Prozent.

Im Euroraum insgesamt ist sie dagegen weiter angestiegen und beträgt derzeit fast 89 Prozent. Die Hauptsünder sind wiederum Italien und Frankreich. Aber auch in Spanien, Belgien und Griechenland überschreitet die Verschuldung mit Quoten von teils deutlich über 100 Prozent jeweils die Wirtschaftsleistung. Das war nur möglich, weil die ursprünglichen Schuldenregeln nie wirklich ernst genommen, sondern stattdessen immer weiter aufgeweicht wurden. Insoweit ist die Gemeinschaftswährung also alles andere als eine Erfolgsgeschichte geworden.

Die Schweiz bleibt Vorbild

Gerne werden die diversen weltwirtschaftlichen Krisen dafür verantwortlich gemacht. Es läßt sich aber nicht leugnen, daß die EZB im Vergleich zur damaligen Bundesbank eine viel laschere Politik betrieb. So kaufte sie trotz gegenteiliger Vorschriften in großem Stil Staatsschulden auf und senkte sogar in Inflationszeiten die Zinsen, so wie auch aktuell wieder. Die ursprüngliche Hoffnung, schon durch den Sitz in Frankfurt und ihre formale Unabhängigkeit werde sich die Stabilitätskultur der Bundesbank auf die EZB übertragen, hat sich nicht erfüllt.

Daß es durchaus auch anders geht, zeigt wiederum der Vergleich mit der Schweiz. Gemessen an den Konsumentenpreisen hat ihre Währung seit 1999 insgesamt nur 15 Prozent an Wert verloren – und nicht annähernd 40 Prozent wie der Euro. Zudem ist die eidgenössische Staatsverschuldung sogar in absoluten Zahlen niedriger als vor 25 Jahren und beträgt aktuell nur etwa 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für künftige Bewertungen der EZB-Politik sollte man daher weniger in die Vergangenheit als vielmehr in Richtung des erfolgreichen Alpenlandes sehen.

Aus der JF-Ausgabe 10/25.

Eine Euro-Münze und vier D-Mark-Münzen: Die Umstellung auf die Gemeinschaftswährung hatte Vor- und Nachteile. Foto: picture-alliance / dpa | Stefan Sauer
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