In Deutschland ist „Rechts“ umstritten, dient vornehmlich als Kampfbegriff. Doch ist es nackte Realität, daß in den Parlamenten Abgeordnete links, in der Mitte und rechts sitzen und sich danach die politischen Grundströmungen benennen. Die JUNGE FREIHEIT stellt anläßlich des 10. Gründungstages der Alternative für Deutschland (AfD) ein Gedankenspiel an: Was wäre, wenn das Spektrum „Mitte-Rechts“ politisch wirksam würde? Die Wähler der CDU/CSU, der AfD und der FDP verorten sich überwiegend in der Mitte und rechts. Zusammen mit der geschmähten AfD kämen Union und FDP laut aktueller Umfrage (30. Januar) des Meinungsforschungsinstituts Insa auf einen Anteil von 55,1 Prozent der Bundestagssitze – und könnten regieren!
Wer sind die beliebtesten Politiker für das Spektrum „Mitte-Rechts“? Exklusiv für die JUNGE FREIHEIT befragte Insa bis zum 23. Januar 4.015 Bürger. Sie sollten die zwölf bekanntesten Politiker des „Mitte-Rechts“-Spektrums bewerten. Darunter neben Politikern von Union, FDP und AfD auch zwei Querköpfe von links: Sahra Wagenknecht (Linke) und Boris Palmer (Grüne).
Wen mögen Unions-, FDP- und AfD-Wähler?
Gefragt wurden für diese Auswertung ausschließlich Unions-, FDP- und AfD-Wähler. Die Frage lautete: „Wie bewerten Sie die folgenden Politiker auf einer Skala von 0 (= sehr schlecht) bis 10 (= sehr gut)?“ Die Ergebnisse der Beliebtheits-Umfrage unter den Wählern des „Mitte-Rechts“-Spektrums wird die JF ab sofort monatlich von Insa ermitteln lassen und veröffentlichen.
In der Januar-Befragung liegen die Parteichefs CSU und CDU, Markus Söder und Friedrich Merz, auf den Spitzenplätzen. Ihnen auf den Fersen sind allerdings zwei Politiker aus dem linken Spektrum. Auf den dritten Platz setzt sich Sahra Wagenknecht, dann kommt Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der seine Mitgliedschaft bei den Grünen derzeit ruhen läßt.
AfD-Frontfrau Alice Weidel (AfD) ist unter den Anhängern von Union, AfD und FDP die beliebteste Politikerin ihrer Partei und läßt damit sogar Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hinter sich. Im Mittelfeld finden sich die beiden FDP-Größen Wolfgang Kubicki und Finanzminister Christian Lindner wieder. Auf den beiden letzten Plätzen finden sich Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn und Thüringens AfD-Vorsitzender Björn Höcke.
Bekannt und unbeliebt
Neben den addierten Punktwerten fragte Insa für die JUNGE FREIHEIT auch die Haltung gegenüber den zwölf genannten Politikern ab. Hier konnten die Befragten Wähler von Union, AfD und FDP auf einer Skala zwischen 1 (sehr negativ) und 10 (sehr positiv) ihre Einschätzungen äußern. Das Ergebnis: Einzig die beiden Unions-Vertreter Markus Söder (43 Prozent positiv, 27 Prozent negativ) und Friedrich Merz (35 Prozent positiv, 30 Prozent negativ) werden jeweils häufiger positiv als negativ eingeschätzt.
Am seltensten werden von dieser Gruppe Carsten Linnemann (elf Prozent) und Björn Höcke (13 Prozent) positiv angesehen. Am unbekanntesten sind in dieser Teilgruppe der Wählerschaft von Union, FDP und AfD Carsten Linnemann (75 Prozent Bekanntheit) und Boris Palmer (84 Prozent Bekanntheit).
So beliebt ist Sahra Wagenknecht bei AfD-Anhängern
Doch wie sieht es es nun bei den einzelnen Wählergruppen der Parteien aus? Eine faustdicke Überraschung gibt es bei den Sympathisanten der AfD. Während bei allen anderen Parteianhängern die Politiker der eigenen Partei die Nase vorn haben, genießt hier die in der Linkspartei mehr und mehr isolierte Sahra Wagenknecht extrem hohe Beliebtheitswerte.
Wagenknecht schiebt sich sogar vor den Partei- und Fraktionsvorsitzenden der AfD, Tino Chrupalla, und Thüringens AfD-Chef Höcke. Nur gegen Spitzenfrau Weidel zieht die Ikone eines Teils der Linken noch den Kürzeren. Ein respektables Ergebnis unter diesen Wählern erhält noch Kubicki. CDU-Chef Merz schneidet schwach ab.
Wenig überraschend ist dagegen das Abschneiden der zwölf von der JF ausgewählten Politiker bei Unionsanhängern und FDP-Sympathisanten. In Führung liegen die Politiker der Partei, zu der die Befragten ohnehin neigen.
Auf den letzten Plätzen reihen sich die drei AfD-Politiker ein. Auch Sarah Wagenknecht schneidet deutlich schlechter ab als bei den Anhängern der AfD. Interessant: Den innerparteilichen Wettkampf innerhalb der Union gewinnt CSU-Chef Söder gegen den Parteivorsitzenden der großen Schwester.
Mitte-Rechts-Wähler: Wie viele sind das eigentlich?
Neben den Einzelauswertungen drängt sich eine Frage auf: Wie viele Wähler identifizieren sich selbst eigentlich als „links der Mitte“, „rechts der Mitte“ oder „in der Mitte“. Auch hier liefert Insa im Auftrag der JF interessante Zahlen.
Während sich 30 Prozent der Befragten im politischen Spektrum links der Mitte verorten, sieht sich gut ein Viertel (26 Prozent) der politischen Mitte zugehörig und etwas mehr als ein Fünftel (22 Prozent) platziert sich in diesem Spektrum rechts der politischen Mitte.
Wenig überraschend lassen sich aus der Eigeneinschätzung der Umfrage-Teilnehmer auch konkrete Politikerpräferenzen ableiten. So schneidet Boris Palmer links der Mitte deutlich besser ab. Merz dagegen schwächelt in diesem Spektrum, wird jedoch immer beliebter, je mehr die Befragten sich rechts der Mitte einordnen.
Zu beachten ist, daß die Wähler, die sich selbst rechts der Mitte einordnen, nicht Deckungsgleich mit jenen Wahlberechtigten sind, die Union, AfD oder FDP wählen. Sehr stark schneidet im rechten Spektrum Alice Weidel ab, die dort auch CDU-Chef Merz auf Platz drei verweist. Gewinner auch hier: Söder. Wenig Anklang finden dagegen Ex-Gesundheitsminister Spahn und Höcke.