BRÜSSEL. Deutschland verstößt mit seinen strengen Regelungen zur Familienzusammenführung nach Ansicht der Europäischen Union gegen europäische Vorschriften. EU-Justizkommissarin Viviane Reding habe deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet, teilte die Europäische Kommission am Donnerstag nach einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa mit.
In der Kritik steht demnach, daß Deutschland den Zuzug von direkten Verwandten nur in Ausnahmefällen gestatte. So müßten homosexuelle Lebenspartner vor der Einreise ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen, kritisierte die Kommission. Zudem gehe Deutschland bei Ausweisungen von EU-Ausländern deutlich härter vor, als es die Europäische Union erlaube.
Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof
„Die Europäische Kommission wird wachsam bleiben, bis alle Mitgliedsstaaten die rechtlichen Bedenken der Kommission in vollem Umfang ausgeräumt haben“, kündigte Reding an. Gleichzeitig habe man Verfahren gegen zehn weitere EU-Mitgliedsstaaten eingeleitet.
Nach Ansicht der Brüsseler Behörden verstoßen diese Länder derzeit gegen das Recht auf Freizügigkeit in der EU. Sollten die Bedenken der Justizkommissarin nicht aus der Welt geschafft werden, droht Deutschland ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof.
Erst vor kurzem hatte die EU-Kommission Dänemark vorgeworfen, durch die Einführung von stationären Grenzkontrollen die Personen-Freizügigkeit in Europa zu gefährden. Auch Frankreich geriet nach der Massenabschiebung von Zigeunern im vergangenen Jahr in die Kritik der Justizkommissarin. (ho)