Anzeige
Anzeige

Patriotismus-Initiative: Verlorener Bezug zur Nation

Patriotismus-Initiative: Verlorener Bezug zur Nation

Patriotismus-Initiative: Verlorener Bezug zur Nation

Der CDU-Bundestagsabgeordnete: Er wirbt für ein positives Verhältnis zur eigenen Nation – doch ist das heute überhaupt noch realistisch?
Der CDU-Bundestagsabgeordnete: Er wirbt für ein positives Verhältnis zur eigenen Nation – doch ist das heute überhaupt noch realistisch?
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor: Er wirbt für ein positives Verhältnis zur eigenen Nation – doch ist das in Deutschland heute überhaupt noch realistisch? Foto: picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann
Patriotismus-Initiative
 

Verlorener Bezug zur Nation

In Deutschland gehört es schon zum guten Ton, sich abfällig über die eigene Nation zu äußern. Amthor schlägt nun ein „Bundesprogramm Patriotismus“ vor. Der Antrag zeugt aber von diversen Fehlschlüssen. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
Anzeige

Weihnachts-Abo, Weihnachtsbaum, Zeitungen

Die höchste Zahl an Einbürgerungen seit 20 Jahren: Fast 170.000 Ausländer erhielten 2022 einen deutschen Paß. Fast jeder dritte davon (48.000) war ein Syrer. Die Zahlen sind der regierenden Ampel-Koalition aber noch zu niedrig – durch weitere Erleichterungen sollen „Turbo-Einbürgerungen“ ermöglicht werden. Die Hamburger Zeit jubelt, „die Urdeutschen dürften auf absehbare Zeit zu einer numerischen Minderheit werden“. Ob die Neubürger wissen, was es heißt, ein Deutscher zu sein? Wird dies überhaupt abverlangt, geschweige denn als erstrebenswert angesehen? Schon die Ureinwohner können die Frage immer seltener beantworten.

„Ne mutlu Türküm diyene“ („Glücklich derjenige, der sich als Türke bezeichnet“).  Dieser Leitsatz des Staatsgründers Atatürk wurde bis vor wenigen Jahren von Schülern in der Türkei allmorgendlich nach dem Singen der Nationalhymne gesprochen und verinnerlicht. Nicht im entferntesten existiert bei uns eine derartige Selbstvergewisserung.

Im Gegenteil: Es gehört in Deutschland in den gesellschaftlich maßgeblichen Kreisen zum guten Ton, sich verächtlich über die eigene Nation, das eigene Volk, nationale Gefühle zu äußern. Wundern wir uns, wenn Kinder türkischer Einwanderer an ihrer Identität festhalten – wie am vergangenen Wochenende bei Autokorsos anläßlich des Wahlsiegs von Erdoğan mit türkischem Flaggenmeer machtvoll demonstriert?

Ist der Nationalstaatsgedanke heute überhaupt Konsens?

Auf Initiative des Politikers Philipp Amthor brachte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion jetzt einen fast rührend-anachronistischen Antrag für ein „Bundesprogramm Patriotismus“ ein. Als Anlaß solle der 75. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 genutzt werden. Mehr Schwarz-Rot-Gold in der Öffentlichkeit und Stolz auf die „Freiheit unserer deutschen Nation“.

Eine gut gemeinte Idee. Doch schon der im Antrag erwähnte Nationalstaatsgedanke, der angeblich das „Fundament bildet“ für die EU – ist das überhaupt heutiger Konsens? Schauen deutsche Eliten nicht überheblich auf andere Staaten herab, die an ihren nationalen Eigenständigkeiten festhalten wollen? Völlig daneben ist im Antrag der Hinweis, in Ostdeutschland fehle der „Bezug zur eigenen Nation“ – nirgendwo sonst ist nämlich tatsächlich das Nationalbewußtsein noch derart ausgeprägt.

Was bedeutet es, eine historisch gewachsene Schicksalsgemeinschaft zu sein? Diese Frage sollte eigentlich mit Geburt oder nach Einbürgerung beantwortet werden können. Universelle Werte und Freiheitsrechte reichen hierfür nicht aus. Das wird sich nicht erst in echten Krisenzeiten bitter rächen.

JF 23/23

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor: Er wirbt für ein positives Verhältnis zur eigenen Nation – doch ist das in Deutschland heute überhaupt noch realistisch? Foto: picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag