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Iris Berben im Karneval: Flammende Haltungsrede ersetzt Humor

Iris Berben im Karneval: Flammende Haltungsrede ersetzt Humor

Iris Berben im Karneval: Flammende Haltungsrede ersetzt Humor

Die Schauspielerin Iris Berben gibt den Staatsclown Foto: picture alliance/dpa | Henning Kaiser
Die Schauspielerin Iris Berben gibt den Staatsclown Foto: picture alliance/dpa | Henning Kaiser
Die Schauspielerin Iris Berben gibt den Staatsclown Foto: picture alliance/dpa | Henning Kaiser
Iris Berben im Karneval
 

Flammende Haltungsrede ersetzt Humor

Es ist wieder Karnevalszeit und Prominente zieht es in die Bütt. Schauspielerin Iris Berben nutzt die Gelegenheit und hält eine flammende Rede. Leider hat das wenig mit Humor zu tun, sondern erinnert eher an eine Politrede, um die Gesellschaft auf Linkskurs zu halten. Ein Kommentar.
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Corona hat vieles verändert. Auch die Definition von Heldentum. Spätestens seit der das Nichtstun heroisierenden Regierungskampagne „Besondere Helden“ ist der Gratismut sowas wie der Goldstandard in Sachen gesellschaftlichen Engagements, der jeden charakterlichen Billigheimer zum staatstragenden Übermenschen werden läßt.

Dieses Belohnungsprinzip greift natürlich im besonderen Maße bei Personen des öffentlichen Lebens. Während kritische Geister wie der serbische Tennisspieler Novak Đoković, die bereit sind, für ihre Überzeugungen zur Not auch auf Ruhm, Erfolge und vor allem viel Geld zu verzichten, als „Schwurbler“ und Egoisten gebrandmarkt werden, wird selbst der heuchlerischste Mitläufer noch gefeiert. Das nutzte nun auch die deutsche Schauspielerin Iris Berben, die sich auf der Veranstaltung „Orden wider den tierischen Ernst“ ihr Pionierabzeichen für besonderen Gehorsam abholte.

Sie sei immer noch überrascht über ihren „Ritterinnen-Schlag“, sagte Berben in ihrer Dankesrede für den ihr in Aachen verliehen karnevalistischen Kulturpreis. Diese Worte waren allerdings kein Zeichen von Bescheidenheit. Das wäre auch ziemlich untypisch gewesen für die laut Medien – und wohl auch per Eigendefinition – „erotischste Frau Deutschlands“. Ist die kokette Aktrice doch seit Jahrzehnten sichtbar selbst beeindruckt und überzeugt von der eigenen Bedeutsamkeit.

Berben wettert wenig originell gegen die AfD

Die geäußerte Überraschung war eine total mutige Kritik an der Vergabepolitik des Orden-Komitees, das den Preis in der Vergangenheit meist an männliche Politiker vergeben hatte. „Mehr Frauen an die Macht!“, forderte Berben in diesem Zusammenhang. Außerdem sollten „von männlichen Leerstellen blockierte Positionen endlich in Frauenhand kommen. In allen Ämtern und in ausreichender Anzahl“. Für den Fall, daß nicht alle Zuhörer gleich bemerken sollten, welch tollkühne Rebellin da vor ihnen steht, betonte die Schauspielerin es sicherheitshalber selbst. Das Revolutionäre liege ihr einfach im Blut, so Frau Berben, die schon zu Frühzeiten ihrer Karriere zu den Lieblingsdarstellerinnen der öffentlich-rechtlichen Fernsehmacher und des deutschen TV-Publikums gehörte.

Das liege an der Ehe ihrer Eltern: „eine leidenschaftliche Verbindung von Streichholz und Dynamitstange“. Als Kind der 68er, so führte sie weiter aus, sei für sie immer Frühling, immer Aufbruch, immer Veränderung. Und Veränderungen seien sehr gut. Diese Aussage spiegelt so sehr die kindlich naive Attitüde ihrer Generation wieder, daß sie die inzwischen 71jährige wohl selbst nicht für voll nehmen kann. Zumindest politisch soll für die Schauspielerin, wie für die meisten 68er und deren geistige Erben, inzwischen besser alles bleiben wie es ist. Schließlich haben sich die Machtverhältnisse längst im Sinne der einstigen Revolutionäre verändert. Jetzt geht es ihnen darum, das Erreichte zu bewahren und bis zum Exzeß auszubauen.

„Wenn die AfD einen CDUler zum Bundespräsidenten küren will“, findet die vermeintliche Freundin jeglicher Veränderung das jedenfalls gar nicht gut – und garniert ihren Unmut darüber mit einem politisch korrekten Kalauer über den angeblich ungenutzten Raum im Kopf von AfD-Chef Tino Chrupalla. Nicht zum Lachen sei ihr hingegen zumute, wenn Nazis keinen Untergrund mehr bräuchten, weil sie jetzt wieder auf den Straßen mitspazieren dürften. Das Statement der alten Närrin, die passend in ihrer Berufskleidung als Staatsclown auftrat, zielte natürlich auf die bösen Corona-Spaziergänger ab, die es inzwischen Woche für Woche wagen, die Unfehlbarkeit der Regierung und ihrer Auftragswissenschaftler in Frage zu stellen.

Berben präsentiert spießiges Pseudo-Rebellentum

Die Gesellschaft müsse verhindern, daß „die Reichskriegsflagge die Friedenstaube“ ersetze, sagte Berben, und stellte damit unter Beweis, daß nicht nur Witze, sondern auch politische Sprachbilder einen ziemlichen Bart haben können. Für die gelehrige Absolventin der Förderschule für Demokratie kein Grund, den Pinsel aus dem Mund zu legen. Stattdessen fuhr sie ganz im Sinne der neuen Volkserzieher fort: „Ich hätte wirklich nie gedacht, daß wir noch mal die Demokratie schützen müssen. Sie war so lange so selbstverständlich, aber jetzt müssen wir sie wieder täglich verteidigen – gegen die Wochenendwissenschaftler der Telegram-Universität, gegen Rechte, die alle hassen, die anders aussehen, anders lieben, anders fühlen oder anders glauben“, so Berben. Haß treibe „Risse in unsere Gesellschaft, und wir alle können der Kitt sein“.

Iris Berben meint all das vermutlich tatsächlich tierisch ernst. In Anbetracht der in den vergangenen zwei Jahren durch die Corona-Politik real ausgehöhlten demokratischen Grundwerte und dem von oben geschützten Haß, der Kritikern dieser Entwicklungen im öffentlichen Raum entgegenschlägt, wirken ihre Wort wie ein Witz, der eigentlich selbst für eine Büttenrede zu schlecht ist. Damit ist er aber immerhin deutlich zeitgemäßer als der ihrer „Kollegin“ Annegret Kramp-Karrenbauer. Die damalige CDU-Vorsitzende brachte im Karneval 2019 mit ihren Scherzen über Toiletten für das dritte Geschlecht noch die Witze-Polizei in den sozialen Netzwerken gegen sich auf.

Iris Berben wird auf Twitter und Co. dagegen für ihren Auftritt gefeiert. Auch wenn es einigen Nutzern aus der Blase der Karl-Lauterbach-Ultras lieber wäre, wenn es „zu Zeiten der Pandemie“ überhaupt keine Feiern gäbe. Ärger wegen des Karnevals kennt die gefeierte Gefällige allerdings auch. In ihrer Aachener Rede verriet sie, daß sie als Teenager einmal wegen einer Karnevalsparty von der Schule geflogen sei. Selten kam Rebellentum bräsiger, angepaßter und spießiger daher.

Die Schauspielerin Iris Berben gibt den Staatsclown Foto: picture alliance/dpa | Henning Kaiser
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