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Abgang von Fabio de Masi: Der Riß in der Linken

Abgang von Fabio de Masi: Der Riß in der Linken

Abgang von Fabio de Masi: Der Riß in der Linken

Fabio De Masi
Fabio De Masi
Fabio De Masi (Die Linke) Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld
Abgang von Fabio de Masi
 

Der Riß in der Linken

Die Linkspartei im Bundestag verliert ihren finanzpolitischen Sprecher. Fabio de Masi will nicht mehr kandidieren. Es ist nicht die Enttäuschung eines kaltgestellten Politikers, sondern Ausdruck eines länger schwelenden Konflikts unter Linken: die geistige, sprachliche und thematische Entremdung von großen Teilen ihres ursprünglichen Milieus. Ein Kommentar.
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Die Linkspartei im Deutschen Bundestag verliert ihren finanzpolitischen Sprecher und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Fabio de Masi, der seit 2017 dem Parlament angehört, hat angekündigt, sich aus der Politik zurückziehen und nicht mehr für ein Mandat kandidieren zu wollen. Was er in seinem Abschiedsbrief durchblicken läßt, sagt viel aus über eine Partei, die für sich reklamiert, die „realen Verhältnisse“ der Gesellschaft zu kennen und den „kulturellen Überbau“ stets bei anderen vermutet.

„Es gibt in verschiedenen politischen Spektren und vor allem in den sozialen Medien die Tendenz, Politik nur noch über Moral und Haltungen zu debattieren. Ich halte dies für einen Rückschritt“, kritisierte de Masi. Wer eine „richtige Haltung“ zum Maßstab nehme, „versucht in Wahrheit den Streit mit rationalen Argumenten zu verhindern“, heißt es weiter. „Eine solche Debattenkultur hat nichts mit Aufklärung zu tun, sondern ist Ausdruck eines elitären Wahrheitsanspruchs, wie ihn die Kirche im Mittelalter bediente.“

Der „weiße Mann“ ist nichts anderes als der Arbeiter

Es ist nicht die Enttäuschung eines kaltgestellten Politikers – als wenn die Linkspartei so viele Finanzexperten vorzuweisen hätte –, sondern Ausdruck eines länger schwelenden Konflikts unter Linken. Die traditionelle Linke verstand sich als in der Arbeiterschaft verwurzelt, diesem Milieu zugehörig. „Parteien in der Tradition der Arbeiterbewegung waren immer lebensnah. Sie kannten die Lebenswirklichkeit der Menschen, die von ihrer Hände Arbeit lebten“, schreibt de Masi entsprechend.

Mit diesem Milieu kann die neue identitäre Linke jedoch nichts anfangen. Hier toben sich schrille Interessengruppen aus, denen bei aller vermeintlicher Buntheit eins gemeinsam ist – sie alle haben es nicht so mit der Arbeit. Oder mit de Masis vorsichtigen Worten: „Identität ist wichtig im Leben. Sie darf aber nicht dazu führen, daß nur noch Unterschiede statt Gemeinsamkeiten zwischen Menschen betont werden und sich nur noch ‘woke’ Akademiker in Innenstädten angesprochen fühlen.“

Aber, eine Gemeinsamkeit haben diese Interessengruppen doch. Es ist ihr gemeinsames Feindbild, der „weiße Mann“, dessen Haut als Leinwand für alle Übel dieser Welt herhalten muß. Und der ihnen zur Sühne und Buße ein angenehmes Leben finanzieren soll. Doch letztlich ist dieser „weiße Mann“, auf den der ganze Haß projiziert wird, nichts anderes als der Arbeiter, der von dem – jetzt „woken“ – Kapitalisten ausgebeutet wird. Mit dem Unterschied, daß er dem identitären Linken einen Teil der Beute überläßt.

Deal mit Big Tech

Wenn vor diesem Hintergrund de Masi „die Regulierung der Finanzmacht der großen Digitalkonzerne“ sein wichtigstes Anliegen nennt, so beschreibt er damit zugleich den Grund seines politischen Endes. Big Tech hat bereits Lösegeld gezahlt, die identitäre Linke ist zufrieden mit dem Deal. Ihre Internationale ist der Jet Set, ihre Solidarität gilt den Entrechteten dieser Welt, insofern Funktionärsposten zu verteilen sind. Ihr Klassenbewußtsein ist das gute Gewissen und Feind jeder, der dieses angreift.

Insofern sollten sich de Masi und andere Vertreter der traditionellen Linken hüten und mit Ratschlägen zurückhalten: „Die Kunst der Politik besteht darin, auch an die Lebensrealität und die Sprache jener Menschen anzuknüpfen, die um die Kontrolle über ihr Leben fürchten. Die politische Linke darf das menschliche Grundbedürfnis nach Sicherheit – in einem umfassenden Sinne – nicht vernachlässigen.“ Linke wurden von anderen Linken schon für weniger Kritik aufs Schafott geführt.

Fabio De Masi (Die Linke) Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld
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