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„Bürgerversicherung“: Sozialpolitische Sause

„Bürgerversicherung“: Sozialpolitische Sause

„Bürgerversicherung“: Sozialpolitische Sause

NHS hospital
NHS hospital
Britisches Krankenhaus: Die Zustände auf der Insel sind eine Warnung für Deutschland Foto: picture alliance / empics
„Bürgerversicherung“
 

Sozialpolitische Sause

Die Einführung einer Bürgerversicherung gehört zu den feuchten Träumen staatsgläubiger Sozialdemokraten. Die Bürger sollten genau hinschauen, was die SPD da in ihrem Namen zur Koalitionsbedingung macht. Sollten die Privaten Kassen wegfallen, droht dem Gesundheitssystem ein massiver Qualitätseinbruch. <>Ein Kommentar von Paul Rosen.<>
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Wenn sich ein Gesunder zu einem Kranken ins Bett legt, wird der Kranke nicht gesund, sondern der Gesunde krank“, wußte Franz Josef Strauß. Der Satz des CSU-Altmeisters paßt exakt auf die Gesundheitspolitik in Deutschland, in der sich – vorausgesetzt es kommt wieder zu einer Koalition zwischen Union und SPD – schwerwiegende Veränderungen abzeichnen.

Dann könnte es dazu kommen, daß die noch relativ gesunde Private Krankenversicherung (PKV) in der kränkelnden Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgehen wird. Das würde das Ende des Wettbewerbs durch eine Einheitsversicherung mit schlechteren Leistungen, höheren Kosten und dem Ersatz des freiberuflichen Arztes durch Polikliniken mit ständigem Arztwechsel nach DDR-Vorbild bedeuten.

Die Bürger sollten hellhörig werden

De facto würde zudem ein Teil der privaten Versicherungswirtschaft verstaatlicht. Wenn Politiker das Paradies auf Erden ohne Kassen und Klassen versprechen, sollten die Bürger hellhörig werden. Und wenn ihre Bezeichnung darin vorkommt, ist noch größere Vorsicht angesagt. Die „Bürgerenergie“ ist genau so ein Fall wie die „Bürgerversicherung“.

Politiker von SPD, Grünen und Linken versprechen damit das Ende der Zwei-Klassen-Medizin, kürzere Wartezeiten in den Praxen und Krankenhäusern bei sinkenden Beiträgen. Über der Idee der Bürgerversicherung schwebt das große Leitmotto aller deutschen Linken: „Mehr Gerechtigkeit“. Im Volksmund gelten solche Ideen eher als eierlegende Wollmilchsau.

Der Druck auf die SPD-Führung, sich nur dann auf ein neues Bündnis mit Angela Merkels Union einzulassen, wenn die CDU die bisher bei ihr im Ruf einer häßlichen Kröte stehende Bürgerversicherung schluckt, ist enorm. Der größte SPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen stellte fest, zu den sozialdemokratischen Kernforderungen gehöre „eine paritätisch finanzierte Bürgerversicherung“. Wenn bei dieser Gerechtigkeitsfrage nichts erreicht werde, gebe es „nicht den Hauch einer Chance, daß die SPD-Mitglieder einem Koalitionsvertrag zustimmen werden“, ergänzte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.

Privatversicherte sind keine homogene Gruppe

Damit sind die roten Leitplanken gesetzt. Zwar gibt es Beschlüsse der CDU gegen eine Bürgerversicherung. Aber im schnellen Überbordwerfen ihrer eigenen Grundsätze hat es die CDU bereits zur Meisterschaft gebracht. Die CSU ist durch den Blüm-Schüler Horst Seehofer in der Sozialpolitik ohnehin mehr auf Dirigismus als auf private und wirtschaftliche Freiheit ausgerichtet. Wenn es in Berlin zur Koalition der Staatsfreunde kommt, wird sie entweder die Bürgerversicherung oder wichtige Schritte dahin im Regierungsprogramm haben.

Derzeit sind 70 Millionen Deutsche gesetzlich und rund zehn Millionen privat versichert. Um die kleinere Gruppe, die aber keineswegs homogen ist, geht es. Etwa 50 Prozent sind Beamte, Richter und Abgeordnete, die Anspruch auf staatliche Beihilfen bis zu 80 Prozent der Krankheitskosten haben und sich daher günstig privat versichern können. Sie müssen aber auch ihre Kinder und nicht berufstätigen Ehepartner privat versichern. Die andere Hälfte der privat Versicherten besteht aus Studenten, kleinen Selbständigen sowie Gutverdienern, deren Verdienst über der Beitragsbemessungsgrenze von 4.350 Euro im Monat liegt und die somit den Gesetzlichen Kassen entfliehen konnten.

Diese mit zwölf Prozent relativ kleine Gruppe finanziert aber ein Viertel der Umsätze aller Arztpraxen und leistet ebenfalls einen überdurchschnittlichen Beitrag zur Finanzierung der Krankenhäuser. Sobald neue Therapien und Arzneimittel zugelassen werden, sind die Privaten die ersten, die die Kosten erstatten. Die Gesetzlichen Kassen werden gezwungen, schnell den Leistungskatalog zu erweitern, weil sie die Abwanderung guter Beitragszahler fürchten müssen.

Das britische Gesundheitssystem sollte als Mahnung dienen

Dieser Wettbewerb dient allen – bis zum letzten Sozialrentner. Was passiert, wenn Wettbewerb wegfällt, ist im staatlichen britischen Gesundheitswesen zu beobachten, wo die staatliche Kassenlage die Leistungen bestimmt. Die Folge sind lange Wartelisten und Versorgungsengpässe, während die Wohlhabenden sich bessere Leistungen kaufen – auch im Ausland.

Grundsätzlich ist die Private Versicherung im Gegensatz zur Gesetzlichen mit ihrem Umlagesystem auch gegen die massiven demographischen Risiken gefeit, indem sie Altersrückstellungen bildet. Dabei wurde allerdings in den vergangenen Jahrzehnten von den Unternehmen viel Schindluder getrieben, indem sie neue preiswerte Tarifgruppen für junge Kunden schufen und die Tarifgruppen der älteren Kunden austrockneten, so daß deren Beiträge ins Uferlose steigen können.

Das hat den Ruf der PKV weitgehend ruiniert. Viele Unternehmen haben sich wie Ausbeuter aufgeführt, so daß linke Gesellschaftsveränderer heute leichtes Spiel haben, die Quasi-Verstaatlichung zu fordern. Wie immer geht es um viel Geld: Die 233 Milliarden Euro Rücklagen der PKV-Unternehmen sollen in die Bürgerversicherung überführt werden. Dann kann die größte sozialpolitische Sause des Jahrhunderts beginnen.

„Irren ist menschlich, aber immer irren ist sozialdemokratisch“

Die wird aber nicht lange dauern, weil das System gegen den demographischen Wandel nicht gesichert ist. Es müßte selbst Sozialdemokraten dämmern, daß der Staat nie besser wirtschaftet als ein privatwirtschaftlich organisiertes System. Obwohl sich Franz Josef Strauß sicher war, daß SPD-Funktionäre gegen jede bessere Erkenntnis gefeit sind: „Irren ist menschlich, aber immer irren ist sozialdemokratisch.“

Britisches Krankenhaus: Die Zustände auf der Insel sind eine Warnung für Deutschland Foto: picture alliance / empics
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