Champagner wird in Brüssel dieser Tage nur hinter verschlossenen Türen getrunken. Wenn überhaupt. Die trotzigen Sprüche, man lasse sich von ein paar Terroristen doch nicht den Spaß am Feiern verderben, hat schon die überstürzte Absage der Fußball-Party von Hannover wenige Tage nach den Pariser Attentaten als hohles Geschwätz entlarvt.
Die Geisterstraßen und leergefegten Cafés in der tagelang unter höchste Terrorwarnstufe gestellten Hauptstadt von EU und Nato sind ein düsterer Blick voraus in die absehbare Zukunft des multikulturellen europäischen Einwanderungsparadieses: Polizeistaat und permanenter Ausnahmezustand als letzte Raison, um eine in Hedonismus und Selbstentwaffnung erstarrte, vermeintlich „offene“ Gesellschaft vor Anarchie, Chaos und Zusammenbruch zu bewahren.
Brüssel verkörpert das „EU-Ideal“
Daß dieser ominöse Probelauf ausgerechnet in der EU-Zentrale Brüssel stattfindet, ist kein Zufall. Der flämisch-wallonische Kunststaat, dessen Institutionen und Sicherheitskräfte im Normalbetrieb mehr gegen- und nebeneinander her als zusammenarbeiten, verkörpert das „EU-Ideal“, wie Weltwoche-Herausgeber und SVP-Politiker Roger Köppel einen Schweizer Historiker zitiert: „Der Nationalstaat ist fast schon überwunden. Ein verantwortungsloser Raum, der sich für höhere Menschheitsziele empfiehlt.“
In weltpolitischen Schönwetterphasen konnte man sich darüber belustigen, daß der in Auflösung begriffene Staat Belgien sich auch ohne funktionierende Regierung leidlich dahinzuschleppen vermag. In Krisenzeiten führt nichts an der Erkenntnis vorbei, daß in Belgien unter den Augen desinteressierter Behörden und mit sich selbst beschäftigter Politiker durch unkontrollierte und fatalistisch hingenommene Masseneinwanderung ein orientalischer, antieuropäischer Staat im Staate entstanden ist, und daß die Region Brüssel, in der sich die organisierte Verantwortungslosigkeit des Reststaates noch potenziert, zum zentralen Operations- und Rekrutierungsraum islamischer Terroristen in Europa werden konnte.
Heterogenität ist Schwäche
Die massiven Polizeieinsätze, mit denen sich die französische Regierung in den ihrer Kontrolle entgleitenden Einwanderer-Banlieues punktuell Respekt zu verschaffen versucht, haben die hedonistische Selbsttäuschung in der Luft zerrissen, die eben noch auf rasch gezeichneten Charlie-Hebdo-Blättern – „Die haben Waffen? Pfeif drauf, wir haben den Champagner!“ – durch die Pariser Straßen flatterte. Die auf Konsum, Individualismus und Selbstverwirklichung fixierte Sorglosigkeit „offener“ Gesellschaften ist um so angreifbarer, je weniger homogen ihr ethnisches Substrat ist.
Gegen Angriffe von innen durch Feinde, die ihren Lebensstil fundamental ablehnen, schützen sie nicht demonstrative Barbesuche, sondern letztlich allein funktionierende Sicherheitsapparate, Geheimdienste und kontrollierte Grenzen, die ihre zivilen Komfortzonen nach außen abriegeln. Daß Deutschland nicht nur in Großbritannien, sondern in ganz Europa mehr und mehr als „gefühlsgesteuerter Hippie-Staat“ wahrgenommen wird, der leichtfertig mit seiner und der Sicherheit ganz Europas spielt, hängt damit zusammen, daß diese hedonistische Illusion sich in den Köpfen der Meinungs- und Politikmacher anscheinend unausrottbar festgesetzt hat.
Gradmesser dafür ist die Starrsinnigkeit, mit der die Rückgewinnung der Kontrolle über die eigenen Grenzen verweigert und jeder Versuch, auf den offenkundigen Zusammenhang von unkontrollierter Asyl-Massenimmigration sowie steigender Terrorgefahr und Sicherheitsrisiken hinzuweisen, stigmatisiert und wütend bekämpft wird.
Eingeständnis von Feigheit und Versagen
Der französische Präsident weiß vermutlich, daß es eine Alibi-Handlung ist, wenn er als Reaktion auf den Terror in seiner Hauptstadt Islam-Terroristen in Syrien bombardieren läßt. In Frankreich besteht zumindest eine Opposition mit guten Wahlaussichten, die daran erinnert, daß der Kampf gegen den Terror zuerst gegen die hausgemachten Terroristen und ihre Unterstützermilieus im eigenen Land geführt werden muß.
Das Herausreden deutscher Politiker auf Lösungen „im europäischen Rahmen“ ist dagegen ein Eingeständnis von Feigheit und Versagen. Und daß die vergreisenden und kinderarmen westlichen Gesellschaften die von einem schier endlosen Überschuß an jungen Männern befeuerten Krisenherde dieser Welt militärisch befrieden könnten, ist schon demographisch eine Absurdität. Polens Außenminister Witold Waszczykowski hat es auf den Punkt gebracht: Sollen europäische Soldaten in Syrien den IS bekämpfen, während Hunderttausende junge Syrer „in Berlin Kaffee trinken“?
Israel als Vorbild?
Das Damoklesschwert des Terrors wird über den Europäern hängenbleiben. Israel ist ein gern bemühtes Beispiel dafür, daß eine westliche Gesellschaft unter demographischem Druck auch mit der Terrorgefahr einigermaßen normal leben kann. Israels Sicherheit beruht allerdings auf strikt abgeriegelten Grenzen, akzeptierter und hochgeschätzter Wehrhaftigkeit, starken Polizei- und Sicherheitsapparaten und konsequent durchgeführten Sicherheitsmaßnahmen, die – hierzulande verpönt – gerade Risikogruppen gezielt ins Visier nehmen.
In Europa erinnert allenfalls der ungarische Premier Viktor Orbán daran, daß alle Islam-Terroristen Migranten seien und sich nur im Einwanderungsdatum unterschieden. Seine Forderung, die Grenzen zuerst auf nationaler und dann auf europäischer Ebene wieder zu schließen und zu sichern, ist gut europäisch gedacht. Europa ist auf dem Fundament seiner Nationalstaaten errichtet.
Die Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit im Inneren und an den Grenzen muß ebenfalls von ihnen ausgehen. Planloser Multikulturalismus und die weitere Aushöhlung der Nationalstaaten durch eine EU, die keine funktionierenden und legitimierten Strukturen an ihre Stelle setzen kann, führen direkt in Chaos und Anarchie – oder in den Polizeistaat.
JF 49/15