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Alexander von Stahl: „Mein Fehler: daß ich eine Straftat nicht beging“

Alexander von Stahl: „Mein Fehler: daß ich eine Straftat nicht beging“

Alexander von Stahl: „Mein Fehler: daß ich eine Straftat nicht beging“

Von_Stahl
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Alexander von Stahl
 

„Mein Fehler: daß ich eine Straftat nicht beging“

Vor 20 Jahren endete ein Schlag gegen die RAF im Desaster. Der RAF-Terrorist Wolfgang Grams und ein GSG-9-Beamter starben. Der damalige Generalbundesanwalt Alexander von Stahl, der die Verhaftung angeordnet hatte, wurde daraufhin in den Ruhestand versetzt. Im Interview mit der JUNGEN FREIHEIT erinnert er sich an die damaligen Vorgänge.
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Weißmann, Reich, Republik, Nachkriegsrechte

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Der ehemalige Generalbundesanwalt Alexander von Stahl (2010) Foto: picture-alliance/Erwin Elsner/dpa

Vor 20 Jahren endete ein Schlag gegen die RAF im Desaster. Der RAF-Terrorist Wolfgang Grams und ein GSG-9-Beamter starben. Der damalige Generalbundesanwalt Alexander von Stahl, der die Verhaftung angeordnet hatte, wurde daraufhin in den Ruhestand versetzt. Im Interview mit der JUNGEN FREIHEIT erinnert er sich an die damaligen Vorgänge. 

Herr von Stahl, Sie haben am 13. Mai 1993 bei einem Treffen mit führenden Ermittlern entschieden, daß die Mitglieder der RAF-Kommandoebene verhaftet werden sollten, sobald diese sich mit dem V-Mann träfen. War das in Ihren Augen die einmalige Chance, diese Terrorgruppe zur Strecke zu bringen?

Stahl: Es war jedenfalls die erste Chance, Festnahmen bei der sogenannten dritten Generation der RAF vorzunehmen, die seit etwa 1983 abgetaucht war und von der man eigentlich nur wußte, daß sie aus mehr als fünf Personen bestehen mußte. Gegen Grams und Hogefeld lagen Haftbefehle vor, und ich mußte dafür sorgen, daß die vollstreckt werden. Nachdem ich über die Erkenntnisse durch den V-Mann informiert war, habe ich das Bundeskriminalamt mit der Vollstreckung der Haftbefehle beauftragt.

Der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz wollte seinen V-Mann nicht „verbrennen“. Hat diese Bedingung nicht letztlich den Erfolg Ihrer Arbeit in Gefahr gebracht?

Stahl: Den Rheinland-Pfälzern war wichtig, daß sie ihren V-Mann danach weiterverwenden konnten. Das war durchaus eine Interessenkollision, die dann zu den späteren Verwirrungen geführt hat. Als ich am 30. Juni 1993 vor dem Innenausschuß aussagen mußte, hatte ich den rheinland-pfälzischen Innenminister Walter Zuber (SPD) zuvor gebeten, die Tatsache freizugeben, wir seien über einen V-Mann auf Grams und Hogefeld gestoßen.

Er hat das strikt abgelehnt. Hätte ich jetzt den V-Mann erwähnt, hätte ich Geheimnisverrat begangen und mich strafbar gemacht. Mein Fehler in dieser ganzen Angelegenheit also war so gesehen, daß ich diese Straftat nicht begangen habe. Denn das hat zu der Unmenge von Spekulationen geführt, die dann ins Kraut geschossen sind.

Im Juli 1993 hat Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger Sie entlassen. Nach der Veröffentlichung des „Zwischenberichts der Bundesregierung“ zu Bad Kleinen im September desselben Jahres kam der „Tagesspiegel“ zum Ergebnis, Sie und Ihr Geschäftsbereich seien „so ziemlich die einzigen, die nach dem Bericht als rehabilitiert gelten müssen“. Waren Sie das sprichwörtliche „Bauernopfer“?

Stahl: Ich war ja in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden, man hätte das mit einem Federstrich wieder rückgängig machen können. Der einzige Vorwurf, der mir gemacht wurde, war eine fehlerhafte Presseerklärung. Nämlich die, Hogefeld habe zuerst geschossen. So war uns das zunächst von der Einsatzleitung mitgeteilt worden. Das war falsch; Grams hatte zuerst geschossen. Der Fehler wurde, sobald wir ihn bemerkt hatten, umgehend korrigiert.

„Leutheusser-Schnarrenberger war froh mich loszuwerden

Die tiefere Ursache für meine Entlassung liegt in einer Verfügung über die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesanwaltschaft. Demnach hätte ich jeden Vortrag, den ich halten wollte, erst dem Ministerium vorlegen müssen. Diese Anweisung hatte ich prüfen lassen, sie entsprach weder dem Presse- noch dem Beamtenrecht.

Und ich hatte Frau Leutheusser-Schnarrenberger damals gesagt, daß ich mich nicht daran halten würde. Deshalb waren wir nicht in allzu guter Stimmung. Hinzu kommt, daß ich immer schon als Nationalliberaler galt, während sie Vorkämpferin des linksliberalen Flügels war. So kam eins zum andern. Deswegen war sie wohl froh, mich loszuwerden.

Wie bewerten Sie heute aus der Rückschau den Einsatz: als „Desaster“, weil es dem Terroristen Grams gelingen konnte, einen Polizisten und anschließend sich selbst zu töten? Oder letzten Endes doch als – bei aller Tragik – erfolgreichen Zugriff, mit dem faktisch der RAF der Garaus gemacht wurde?

Stahl: Ich verbinde mit Bad Kleinen zuerst den traurigen Tod des GSG-9-Beamten Newrzella. Wir waren uns natürlich von Anfang an bewußt, daß die Aktion ein hohes Risiko birgt, gerade wenn es zu einem Schußwechsel kommt. Des weiteren war Bad Kleinen ein Desaster für die Presse. Aber es war auch das Ende der RAF – und insoweit war es trotz allem auch ein Erfolg.

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Alexander von Stahl war ab 1990 Generalbundesanwalt. Nach der Polizeiaktion von Bad Kleinen versetzte ihn Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vorzeitig in den Ruhestand. Stahl ist heute als Rechtsanwalt tätig.

JF 27/13

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