BONN. Der Historiker Michael Zeuske hat sich dafür ausgesprochen, bei der Aufarbeitung des historischen Rassismus in Deutschland auch Persönlichkeiten wie den Philosophen Immanuel Kant (1724-1804) ins Visier zu nehmen. „Der hat in seinen Schriften den europäischen Rassismus mitbegründet“, sagte der Professor der Universität Bonn am Wochenende dem Deutschlandfunk.
Hintergrund sind Angriffe und Zerstörungen von Denkmälern europäischer und US-amerikanischer Politiker, Militärs und Unternehmer, die Sklavenhalter waren oder rassistisch gewesen seien. „Wenn man die Diskursebene des Rassismus auf Denkmäler anwendet, dann muß eine Menge gemacht werden“, äußerte Zeuske mit Blick auf die deutsche Geschichte. Lob äußerte er für Projekte zur Aufarbeitung der Sklaverei im Heiligen Römischen Reich.
Angesichts der Proteste der „Black Lives Matter“-Bewegung habe er die Hoffnung, „daß ein neues Kapitel der Geschichte geschrieben wird“. Möglicherweise stehe ein tiefgreifender kultureller Wandel unserer Gesellschaften bevor. Zeuske sprach von einer „kulturellen Revolution“, die sich hoffentlich nicht so schnell verlaufe.
Unbekannte beschmieren Bismarck-Denkmal in Hamburg
Anfang Juni hatten Randalierer im englischen Bristol die Statue des Abgeordneten und Sklavenhändlers Edward Colston (1636-1721) gestürzt und im Hafenbecken versenkt. In Richmond im US-Bundesstaat Virginia stürzten Demonstranten ein Standbild des Seefahrers und Entdeckers Christoph Kolumbus (1451-1506).
In Hamburg beschmierten Unbekannte unterdessen das Bismarck-Denkmal im Stadtteil Altona mit roter Farbe. Auch das 34 Meter hohe Denkmal für Otto von Bismarck(1815-1898) nahe der Hamburger Landungsbrücken gerät wieder in die Kritik. Bismarck war Gründer des Deutschen Reichs und dessen erster Kanzler. Ihm wird seine Rolle in der deutschen Kolonialpolitik vorgeworfen.
Anscheinend geht es jetzt auch in Hamburg den ersten Denkmälern an den Kragen:
Die Bismarck-Statue im Stadtteil Altona wurde blutrot eingefärbt pic.twitter.com/EqhrPsbiWL
— GROW Hamburg (@GROWHamburg) June 14, 2020
Für einen neuen Umgang mit den Denkmälern plädierte der Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer. Im ARD-Morgenmagazin schlug er vor, die Statuen hinzulegen oder auf den Kopf zu stellen, „um unsere Sehgewohnheiten herauszufordern. So wird eine Auseinandersetzung mit der Geschichte erzwungen“. (ag)