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BaFin und Finanzausschuß: Wirecard-Skandal erreicht Aufsicht und Minister

BaFin und Finanzausschuß: Wirecard-Skandal erreicht Aufsicht und Minister

BaFin und Finanzausschuß: Wirecard-Skandal erreicht Aufsicht und Minister

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU)
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU)
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Foto: picture alliance / Sven Simon
BaFin und Finanzausschuß
 

Wirecard-Skandal erreicht Aufsicht und Minister

Nachdem die skandalöse Pleite des einstigen Vorzeigeunternehmens Wirecard die Finanz- und Anlegerwelt durcheinander wirbelte, sind jetzt auch Finanzaufsicht und Politik im Keller. Vor allem der Chef der Finanzaufsicht BaFin, Felix Hufeld, steht in der Kritik. Aber auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geraten unter Rechtfertigungsdruck.
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Nachdem die skandalöse Pleite des einstigen Vorzeigeunternehmens Wirecard die Finanz- und Anlegerwelt durcheinander wirbelte, sind jetzt auch Finanzaufsicht und Politik im Keller.

Der Chef der Finanzaufsicht BaFin, Felix Hufeld, ignoriert die alte Börsenregel, nicht in ein fallendes Messer zu greifen. Vielmehr faßt er kräftig zu. Sein Motto „Aufsicht muß auch beißen können“ fliegt Felix „Doppelhelix“ Hufeld jetzt mehrfach um die Ohren. Der bißfeste Interviewlöwe war in der Praxis offensichtlich der sprichwörtliche Bettvorleger.

Seine Verteidigungsstrategie ähnelt mindestens einer Doppelhelix: Die von ihm geleitete Börsenaufsicht sei nicht zuständig gewesen, meint er. Zentral war in der Sondersitzung des Finanzausschusses diese Woche die Frage, weshalb Wirecard nur teilweise als Finanzkonzern eingestuft wurde. Von 56 Untergesellschaften wurde nur eine Firma geprüft, alle anderen seien Technologieunternehmen.

Hufelds Flop

Ferner hatte Hufeld Anfang Juli den Bundestagsabgeordneten berichtet, daß die Behörden in Singapur ihn im Stich gelassen hätten. Man habe die Aufsichtsbehörde in Singapur „unmittelbar nach dem Vorliegen konkreter Hinweise kontaktiert“. Die habe an die Polizei verwiesen, an die sich die BaFin auch gewandt habe. Man warte „bis heute auf eine Antwort“. Im Vorzeigestaat Singapur ließ man diese Behauptung nicht unwidersprochen. Eine Sprecherin von Hufeld mußte korrigierend eingreifen: „Beide Behörden haben der BaFin Informationen zur Verfügung gestellt.“ Polizei und Börsenkontrolleure Singapurs kooperieren seit Anfang 2019.

BaFin-Chef Felix Hufeld
BaFin-Chef Felix Hufeld Foto: picture alliance/Frank Rumpenhorst/dpa

Hufelds nächster Flop war seine Behauptung: „Wir dürfen im sogenannten zwei-stufigen Verfahren ausdrücklich nicht selbst prüfen, bevor die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung ihre Prüfung nicht vorgelegt hat.“ Laut Paragraph 106 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, aber die Kompetenz zur Prüfung von Unternehmensabschlüssen und -berichten.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags erklärte sogar: Eine Einschränkung der Kontrolle durch die BaFin dahingehend, daß erst der Prüfungsabschluß der Prüfstelle abgewartet werden muß, scheine nicht geboten. „In der Gesamtschau spricht vieles dafür, daß schon vor Abschluß der Prüfung durch die Prüfstelle eine eigenständige Prüfung durch die BaFin möglich ist.“

Finanzminister Scholz verteidigt BaFin

Unpassend wirkt da die Willkommenslektüre auf der BaFin-Webseite: „Die BaFin ist eine der größten Finanzaufsichtsbehörden in Europa. Mit ihren über 2.600 Mitarbeitern verfolgt sie auf der Grundlage anerkannter europäischer Aufsichtsstandards einen für die Industrie angemessenen und risikoorientierten Prüfungsansatz. Bei der Weiterentwicklung der Regulierung unterstützt die BaFin die Politik als verläßlicher Partner.“ Schleierhaft wirkt auch das BaFin-Angebot: „Beaufsichtigte Unternehmen und solche, die eine Erlaubnis beantragen möchten, können sich hier ein Bild von Aufsicht und Abwicklung und den vielen damit zusammenhängenden Themen machen.“

Hufelds Dienstherr Finanzminister Olaf Scholz (SPD) verteidigteam Mittwoch bei der Sondersitzung des Finanzausschusses die ihm unterstellte Aufsichtsbehörde mit den Worten, „dort seien keine Fehler“ gemacht worden. Das, was zu tun war, sei getan worden. Wer nichts macht, macht bekanntlich nichts verkehrt. Weshalb hat die dem Finanzministerium unterstellte Behörde zum Beispiel auf die Möglichkeit des § 44 des Kreditwesengesetzes verzichtet, wonach sie jederzeit berechtigt ist, von Bankvorständen einen persönlichen Bericht zu verlangen?

Vielmehr verkündet Scholz, er selbst werde „an der Spitze der Aufklärung“ stehen. Der Anfang wurde mit seiner vierstündigen Befragung gemacht. Die zugestandene „Auskunftsbereitschaft“ (O-Ton der finanzpolitischen Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lisa Paus) könnte ihm helfen, einen Untersuchungsausschuß zu vermeiden. Dort wären Amtsvorgänger Wolfgang Schäuble und sein damaliger Staatssekretär Jens Spahn (beide CDU) ebenfalls zu befragen. Schließlich brachte die britische Financial Times bereits seit Januar 2019 mehrfach Steine ins Rollen, indem sie auf Fragwürdiges bei Wirecard hinwies. Die deutsche Aufsicht würdigte das mit einem Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien und zeigte die Redakteure auch noch wegen Marktmanipulation an.

Das Ende kennt man

Hansrudi Lenz, Professor für Wirtschaftsprüfung und Beratungswesen an der Universität Würzburg, hat sich laut Zeit dagegen eindeutig positioniert: „Das war eine Bilanzfälschung mit Ansage. Sie kam nicht aus heiterem Himmel, und ich verstehe nicht, warum das wesentliche und riskante Drittpartnergeschäft nicht sorgfältiger geprüft wurde.“

Das Finale der Sondersitzung am Mittwoch war Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vorbehalten. Als erfahrener Beschwichtiger und Kommunikator formulierte er druckreif, daß „soweit er das nachvollziehen könne, sehr früh und zu jedem Zeitpunkt die notwendigen Schritte“ der Aufsichtsstelle der Abschlußprüfer ergriffen worden sei. Altmeier ist für die Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer zuständig.

Aber auch er gibt den Staffelstab weiter: Die Abschlußprüferaufsichtsstelle sei eine unabhängige berufsrechtliche Aufsicht über Wirtschaftsprüfer. Regelungen für die Wirtschaftsprüfer und die Anforderungen an die Prüfungen lägen in der Zuständigkeit des SPD-geführten Justizministeriums. Die SPD-Finanzpolitikerin Cansel Kiziltepe empfahl übrigens, die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young bis zur endgültigen Klärung von öffentlichen Prüfaufträgen fern zu halten. Und die Ausschußvorsitzende Katja Hessel (FDP) hatte bereits vor der Sitzung den Rücktritt Hufelds gefordert. Wie hieß es einst zur Titanic-Verfilmung: Das Ende kennt man. Personalkonsequenzen werden unausweichlich sein.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Foto: picture alliance / Sven Simon
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