MAINZ. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) ist nach Kritik an seinem Verhalten während der Ahrtal-Flut zurückgetreten. Diese Entscheidung teilte er auf einer Pressekonferenz zusammen mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) mit. „Heute übernehme ich für in meinem Verantwortungsbereich gemachte Fehler die politische Verantwortung“, sagte der Sozialdemokrat am Mittwoch.
Bereits in der vergangenen Woche hatte der parteiinterne Rückhalt für Lewentz angefangen zu bröckeln. Zu diesem Zeitpunkt waren erstmals Videoaufnahmen und ein Einsatzbericht publik geworden, welche die Darstellung des Innenministeriums widerlegten, man habe in der besagten Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 zwar von einzelnen Ereignissen gewußt, aber kein vollständiges, „belastbares Lagebild“ einer Katastrophe gehabt. In besagter Nacht waren Beamte der Polizei-Hubschrauberstaffel die Ahr flußaufwärts entlang geflogen und hatten Filmaufnahmen gemacht. Im Einsatzbericht hieß es unter anderem, das Hochwasser habe „dramatische Auswirkungen“, es stünden „zahlreiche Häuser bis zum Dach im Wasser“, verzweifelte Bewohner gäben mit Taschenlampen „SOS“-Signale.
Lewentz verstrickt sich in Widersrpüche
Lewentz hatte zuvor geäußert, er habe in der Flutnacht nur Fotos aus dem Hubschrauber, nicht aber die Videos gesehen. Auch die später aufgetauchten Filmaufnahmen hätten in seinen Augen „nur ein starkes Hochwasser“, aber „keine eingestürzten Häuser, keine Toten, keine verstopften Brücken“ gezeigt. Daher hätte sich auch mit den Videos seine erste Lagebeurteilung wahrscheinlich nicht geändert. Unklar ist, warum die Videos aus dem Polizeihubschrauber damals nicht im Innenministerium ankamen, obwohl sie dort beauftragt worden waren. Sie blieben rund 14 Monate unter Verschluß.
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Die AfD Fraktion hatte als erste Partei im Landtag einen Untersuchungsausschuß zu der Sache gefordert. Nachdem die Fraktion im Ausschuß die Videos gesehen hatte, forderte sie deren sofortige Veröffentlichung. Lewentz hatte behauptet, diese Videos zum ersten Mal gesichtet zu haben. Inzwischen sind die Aufnahmen der Öffentlichkeit zugänglich.
AfD: Rücktritt kommt „viel zu spät“
Lautstarke Kritik am Verhalten des Innenministers kam damals unter anderem von der CDU. Die Äußerungen seien „zynisch und ein Schlag ins Gesicht all derer, die Angehörige in der Katastrophe verloren haben“, sagte CDU-Fraktionschef Christian Baldauf. Auch die AfD im Landtag hatte von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) verlangt, Lewentz das Vertrauen zu entziehen. „Der Innenminister trägt die politische Verantwortung dafür, daß in der Flutnacht gravierende Fehlentscheidungen getroffen wurden und mögliche Warnungen unterblieben sind. Diese Versäumnisse haben viele Menschen mit ihrem Leben bezahlt“, betonte der Fraktionsvorsitzende Michael Frisch.
Michael Frisch (AfD-Fraktion) anlässlich des Rücktritts von Roger Lewentz: Arbeit der AfD-Fraktion zahlt sich aus – Flutopfer erfahren endlich Gerechtigkeit https://t.co/T4ArRug0R1
Zum Rücktritt des rheinland-pfälzischen Innenministers äußert sich Mic … #AfD #ltrlp #AfDrlp pic.twitter.com/FHw71q7WMX— AfD im Landtag RLP (@AfDFraktionRLP) October 12, 2022
Zum nun angekündigten Rücktritt äußerte sich Frisch im Namen der AfD-Fraktion erneut: „Der Rücktritt von Roger Lewentz kommt viel zu spät und ist nicht seiner Einsicht, sondern allein dem öffentlichen Druck geschuldet. Der Schaden, den er damit dem Ansehen unseres Staates und der Demokratie zugefügt hat, ist immens. Es bleibt das Bild eines an seinem Posten klebenden Berufspolitikers, der bis zuletzt von seinen Partei- und Regierungskollegen gedeckt wurde.“
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte, sie habe den Rücktritt ihres Parteifreundes angenommen. Er bleibe geschäftsführend noch für ein paar Tage im Amt. Wer Lewentz` Nachfolge antrete, werde in den nächsten Tagen bekanntgegeben. Mit Blick auf den Vorsitz der SPD in Rheinland-Pfalz kündigte Lewentz eine Auszeit an. Er werde sich „mit den Gremien beraten“, ob er beim nächsten Parteitag 2023 erneut kandidieren wolle. (st/vo)