BERLIN. Die frühere Fraktionschefin der Linkspartei im Bundestag, Sahra Wagenknecht, hat ihre Partei vor einer Schlappe bei der Bundestagswahl gewarnt. „Wenn SPD und Linke so weitermachen wie bisher, sieht es nicht gut aus“, sagte sie dem Tagesspiegel. Daß die Partei mit Ausnahme von Thüringen seit 2019 nur Wahlniederlagen erlitten habe, müsse ihr zu denken geben.
„Solange sich Teile der Partei an Diskussionen um Lebensstilfragen und Gendersprache beteiligen, also an Debatten, die viele Menschen als belehrend empfinden, werden sich viele abwenden“, beklagte Wagenknecht, die als Spitzenkandidatin für die Linkspartei in Nordrhein-Westfalen antritt.
Mitgliedern im dortigen Landesverband, die beantragt haben, Wagenknecht aus der Partei auszuschließen, warf die 51jährige „Cancel Culture“ und „Intoleranz“ vor. Sie dagegen habe nie versucht, jemanden aus seiner Funktion zu mobben, weil er eine andere Meinung vertrete. Ihr Anliegen sei es, „daß wir uns bis zur Wahl so aufstellen, daß wir ein Ergebnis deutlich oberhalb der jetzigen Umfragen erreichen“.
Bartsch kritisiert Antrag auf Ausschluß
Kritiker Wagenknechts werfen ihr vor, der Partei „schweren Schaden“ zuzufügen und haben deshalb bei der Landesschiedskommission ihren Ausschluß beantragt. Unter anderem lasten sie Wagenknecht ihr aktuelles Buch „Die Selbstgerechten“ an, in dem sie mit linker Identitätspolitik abrechnet. „Sahra Wagenknecht vertritt ein eigenes, dem Programm der Linken in vielen Punkten widersprechendes Programm“, begründen sie ihre Forderung nach einem Parteirauswurf.
Rückendeckung erhielt Wagenknecht dagegen am Wochenende vom Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Dietmar Bartsch. „Ich finde es unverantwortlich, in einer solchen Situation, rund 100 Tage vor den Wahlen, Ausschlußanträge zu stellen“, kritisierte Bartsch am Sonnabend auf dem Parteitag der Linken Mecklenburg-Vorpommerns in Rostock.
Niemandem dürfe seine Meinung verboten werden, mahnte Bartsch. Auch er habe heftige Auseinandersetzungen mit Wagenknecht geführt. Man solle die Eitelkeiten nun aber mal zurückstellen und sich auf die politischen Konkurrenten konzentrieren. Interner Streit führe nur dazu, daß sich Wähler abwendeten. „Wir gefährden wirklich mehr als ein halbes oder ein Prozent. Es geht um viel, viel mehr.“ (krk)