BERLIN. Mit der großangelegten Evakuierungsaktion aus Afghanistan wächst auch die Sorge, daß Kriminelle, Terroristen und Islamisten nach Deutschland und Europa geholt werden könnten.
Französische Sicherheitsbehörden nahmen Ermittlungen gegen fünf Afghanen auf, die im Verdacht stehen, Verbindungen zu den Taliban aufzuweisen. Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin teilte auf Twitter mit, die verdächtigen Personen stünden unter verstärkter Beobachtung.
Laut der Tageszeitung Le Figaro nahm die Polizei mittlerweile einen der Männer in Gewahrsam. Er habe versucht, unterzutauchen. Bei dem Inhaftierten handele es sich um einen Afghanen, der bei der Evakuierung der französischen Botschaft geholfen und deshalb einen Platz in einer Evakuierungsmaschine bekommen habe. Wie die anderen vier Afghanen, sei auch er unter Hausarrest gestellt worden.
Polizei greift abgeschobenen Vergewaltiger auf
Der Afghane war laut Darmanin Verantwortlicher der Taliban für einen Kontrollpunkt in Kabul. Er habe seine Mitgliedschaft bei der islamistischen Organisation zugegeben. Es gebe bei dem Mann sowie einem weiteren Evakuierten „ernsthafte Gründe für die Annahme, daß ihr Verhalten eine besondere Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt“. Es sei davon auszugehen, daß sie „mit Personen oder Organisationen in Verbindung stehen, die zu terroristischen Handlungen anstiften, sie erleichtern oder sich an ihnen beteiligen“ könnten.
Das französische Außenministerium gab unterdessen bekannt, die Evakuierungsflüge am Donnerstag zu beendet, falls die USA wie geplant ihre Truppen zum 31. August vollständig aus Afghanistan abziehen. Für diesen Fall bedeute dies, daß „unser Einsatz Donnerstagabend endet“, zitierte die Nachrichtenagentur AFP den Bürochef des französischen Außenministers Jean-Yves Le Drian, Nicolas Roche.
Bereits am Wochenende hatte es Berichte darüber gegeben, daß auch unter den nach Deutschland ausgeflogenen Afghanen verurteilte Straftäter waren. So hieß es beim Focus, die Bundespolizei hätte drei Männer aufgegriffen, die wegen Straftaten wie Vergewaltigung und Drogenhandels bereits aus Deutschland ausgewiesen worden waren. Nach der Ankunft mit einer Evakuierungsmaschine hätten sie einen erneuten Asylantrag gestellt. Genauere Umstände zu Ort und Zeitpunkt machte das Blatt aber nicht. Auch blieb offen, wie die Bundespolizei auf die drei aufmerksam geworden war.
Weidel: Straftäter sofort wieder abschieben
Auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT bei der Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt am Main zu Details des Vorgangs und ob es unter den bislang Evakuierten weitere solcher Fälle gegeben habe, verwiesen die Beamten am Montag nach Rückfragen auf das Bundespolizeipräsidium in Potsdam. Dort hieß es am Dienstag allerdings, die Beantwortung der Fragen würde noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Das Bundesinnenministerium bestätige am Montag dagegen, daß vereinzelt Afghanen über Evakuierungsflüge zurück nach Deutschland gekommen seien, die zuvor wegen begangener Straftaten abgeschoben worden waren. Man habe bei einer „niedrigen einstelligen Zahl“ bei der Einreise festgestellt, daß sie polizeibekannt seien, erläuterte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.
Nordrhein-Westfalens stellvertretender Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP), der auch für Integration und Flüchtlinge zuständig ist, sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Ich erwarte umgehend eine präzise Aussage der Bundesregierung, wie sie gedenkt, mit diesen Fällen umzugehen.“ NRW werde sich von den Einzelfällen aber nicht davon „abhalten lassen, das Leben bedrohter Frauen und verbündeter Ortskräfte zu retten“.
Die Spitzenkandidatin der AfD zur Bundestagswahl, Alice Weidel, hingegen forderte gegenüber der JF, die Evakuierten vor ihrem Flug nach Deutschland genauer zu überprüfen. „Wir dürfen abgeschobene Vergewaltiger oder Drogenhändler nicht unter dem Etikett der ‘Ortskräfte’ nach Deutschland zurückholen. Solche Straftäter sind nicht hier in Haft zu nehmen, sondern umgehend wieder in die Heimatregion abzuschieben“, forderte die AfD-Fraktionschefin im Bundestag. (krk/ls)