BERLIN. Der Publizist Thilo Sarrazin hat die Inhaftierung des Journalisten Deniz Yücel in der Türkei kritisiert. „Als Person ist Deniz Yücel für mich nicht satisfaktionsfähig. Das gibt der Türkei aber noch nicht das Recht, ihn zu inhaftieren“, sagte Sarrazin der JUNGEN FREIHEIT.
Der Fall illustriere allerdings auch „sehr anschaulich die Gefahren und die Unsinnigkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft“, gab Sarrazin zu bedenken. „Wäre er nur deutscher Staatsbürger, hätten die türkischen Organe mit ihm so nicht umspringen können. Wahrscheinlich wäre er dann abgeschoben worden.“
Yücel, der sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürgerschaft besitzt, ist seit 2015 Türkei-Korrespondent der Welt. Im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die türkische Hacker-Gruppe RedHack geriet Yücel Ende vergangenen Jahres ins Visier türkischer Sicherheitsbehörden.
Yücel wünschte Sarrazin einen Schlaganfall
Mitte Februar wurde er aufgefordert, zu einer Vernehmung bei der Polizei in Istanbul zu erscheinen. Als er dem Folge leistete, wurde er in Polizeigewahrsam genommen. Am Dienstag ordnete ein Richter Untersuchungshaft gegen Yücel an. Ihm wird „Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung“ vorgeworfen. Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) protestierten gegen Yücels Inhaftierung und fordern seine Freilassung.
2012 hatte Yücel in einer Kolumne für die taz geschrieben, man könne Thilo Sarrazin nur wünschen, „der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten“. In Anspielung auf die kurdischstämmige Journalistin Mely Kiyak schrieb Yücel zudem, man könne Sarrazin durchaus „eine lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur nennen“, auch wenn man wisse, daß dieser infolge eines Schlaganfalls derart verunstaltet worden sei. Sarrazin klagte daraufhin wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte. Das Berliner Landgericht sprach ihm im August 2013 eine Entschädigung von 20.000 Euro zu. (krk)