PARIS. In Frankreich ist ein heftiger Streit über die Integrationspolitik ausgebrochen. Hintergrund ist ein von Premierminister Jean-Marc Ayrault angeforderter Expertenbericht, der zahlreiche Privilegien für Moslems vorsieht. So soll etwa das Verbot von Schleiern im Klassenzimmer aufgehoben und ein nationaler Gedenktag für die Leistungen von Einwanderern eingeführt werden.
Die Experten fordern zudem, Frankreich müsse die „arabisch-orientalische Dimension“ seiner Identität anerkennen und seine „postkoloniale Haltung“ aufgeben, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Dazu sollen die Lehrpläne massiv umgearbeitet und Arabisch vermehrt als erste Fremdsprache unterrichtet werden. Die Diskriminierung müsse künftig stärker bekämpft werden, forderten die Experten weiter.
Sozialisten stehen unter Druck
Die Chefin des Front National, Marine Le Pen, bezeichnete das Papier als „Kriegserklärung an das französische Volk“. Auch von der konservativen Opposition hagelte es Kritik. Der Chef der UMP, Jean-François Copé, warnte: „Es wird dann künftig nicht mehr von den Einwanderern verlangt, sich an die französische Kultur anzupassen, sondern es ist an Frankreich, seine Kultur, seine Werte, seine Sprache, seine Geschichte und seine Identität aufzugeben, um sich der Kultur der anderen anzupassen.“
Die Sozialisten zeigten sich in der Frage gespalten. Während viele Politiker den Bericht unterstützten, sagte ein Sprecher der Partei, die Forderungen führten in eine „Sackgasse“. Premierminister Ayrault bezeichnete das Papier als „unverbindlich“. Konkrete Maßnahmen sollen im Januar beschlossen werden. Zuletzt hatte die Regierung von Präsident François Hollande den „Hohen Rat für Integrationsfragen“ aufgelöst, nachdem dieser empfohlen hatte, das Schleierverbot in Frankreich auszuweiten. (ho)