Mit einer gewaltigen PR-Offensive wollte die ARD die Zuschauer für ihren ambitionierten Mehrteiler über das Leben Franz Kafkas gewinnen. Doch die selbstverliebte Inszenierung taugt vor allem als Musterbeispiel dafür, daß immer genug Geld da ist, wenn die elitären Zirkel des Kultur- und Medienbetriebs sich selbst feiern wollen.
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„Die Verwandlung“ ist das einzige was ich je von Kafka gelesen habe…., und ich war gefesselt. Jedes Wort brachte einen näher an das, was der Autor mitteilen wollte. Und das (negative) geistige Vermächtnis dieses Buches, lässt sich m.M.n. heute ohne Weiteres auf einen großen Teil des Volkes übertragen. Die Ohnmacht des Protagonisten, seine Ratlosigkeit und Verzweiflung…….
Daß der Kafka-Darsteller Joel Basman Kafka zu wenig ähnlich sieht, ja, eher wie eine Gegenfigur aussieht, stört. Dazu kommt noch all der künstlerisch wertvolle Firlefanz, der im Artikel erwähnt wird und das Verständnis erschwert. Ich habe abgeschaltet. Statt dessen nochmals die Parabel „Das Urteil“ gelesen. Da lernt man mehr über Kafkas prekäres Verhältnis zum Vater und dessen fatale psychischen Folgen, aber auch über Kafkas Kunst der litrarischen Verarbeitung bis ins Komisch-Groteke hinein als sonstwo.
Wenngleich sich immer wieder störend Heutiges in diese Serie einmischt, vor allem in der Darstellung der Frauenfiguren und in den Erklärungen des Erzählers, der sich mehr zum Richter über die Maßstäbe der Vergangenheit erhebt als zu ihrem Verständnis beizutragen, ist die literarische Welt Kafkas doch so stark, dass sie den Zuschauer in ihren Bann zieht.
Die Erinnerung an die eigene Kafka-Lektüre überlagerte bei mir am Ende das Unbehagen über die zeitgeistige Vereinnahmung und Rechthaberei, die überall in dieser Verfilmung durchscheint.
Kafka ist zu groß, als dass er unter den Eitelkeiten und Plattheiten eines Daniel Kehlmann gänzlich verschwinden könnte.
Und Kafka als Bürger hätte sich auch nie dazu hergegeben, sich von einer Figur wie Scholz einladen zu lassen oder ihm eine Stadführung zu gewähren, wie Kehlmann das leider tat, oder gar zu Waffenlieferungen, also zur Verlängerung eines Krieges, aufzurufen.
Kehlmann als Bürger ist sich für keine Anbiederung an die herrschende Ideologie zu schade. Zum Glück gelang es ihm als Drehbuchautor nicht, Kafka auf sein Niveau herunterzuziehen.
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