Besserwissender Gute-Nacht-Onkel: Peter Sloterdijk läßt die Gottesfrage nicht los. Doch schon wieder verrennt sich der Philosoph. Eine gnadenlose Abrechnung mit seinem jüngsten Buch „Den Himmel zum Sprechen bringen“. Eine Rezension von Matthias Matussek.
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Wie Matussek bin auch ich einer der wenigen verbliebenen klassisch-frommen. Vielleicht nicht aus dem selben Grund , denn bei mir fußt das auf der Überlegung, daß es weise sein mag, das über zwei Jahrtausende von Generation zu Generation über alle Moden hinweg Tradierte ernst zu nehmen.
Das Philosophieren über Gott wird aber zu allen Zeiten unter dem Mangel sein, daß der Mensch aufgrund seiner Natur sich so etwas wie „Gott“ nur anthropomorph vorstellen kann.
So wie er aufgrund seiner Natur nicht fliegen kann (wie Amsel, Drossel etc., Flugzeuge zählen nicht).
Anthropomorph, d.h. er kann sich bei aller Anstrengung Gott immer nur als „Alter Mann mit langem weißem Bart“ vorstellen. Je nach Temperament eines Individuums ist das alternativ ein misanthropisches Ekelpaket (Der Strafer) oder ein prä-dementer Papa Gnädig (Der Lieber).
Interessant finde ich da den Ausspruch eines gewissen Hubert Reeves (kanadischer Atom- und Astrophysiker): „Der Mensch ist unter den Arten die dümmste. Er verehrt einen unsichtbaren Gott und tötet eine sichtbare Natur, ohne zu begreifen, daß diese Natur, die er vernichtet, dieser unsichtbare Gott ist.“
Nur ein Aphorismus, aber trotzdem …
Kleine Ergänzung noch:
Diesen Hubert Reeves kannte ich bisher nicht. Den Aphorismus habe ich zufällig in einem Forum von Technik-Freaks gefunden, wo das einer als Ceterum Censeo unter seinem Namen stehen hat.
Auch wenn ich ihn nicht kannte, Hubert Reeves ist laut Google „bekannt“. Er scheint mir eine Art Pater Anselm der Naturwissenschaftler zu sein. Finde ich sehr interessant, zumal ich als Ingenieur da einen gewissen Bezug habe.
Die tatsächliche Existenz Gottes nachzuweisen, kann keinem akademischen Sachverstand gelingen, weil sich der real existierende Gott aus gegebener Notwendigkeit vor uns verbirgt und sich zu einem Sujet des Glaubens reduziert. Erst wenn sich die Notwendigkeit erfüllt hat, wird er sich selbst für alle offenbaren. Alles Philosophieren um die Frage nach Gottes Existenz oder auch Nichtexistenz kann keine Klarheit bringen. Das ergibt dann eben nur solch „Geschwurbel“ wie von Slotterdijk, aber auch vom Autor dieses Beitrages. Wer es wissen will, wie alles ist mit WELTALL, ERDE, MENSCH und GOTT, der findet einen inoffiziellen „Geheimtip“ unter https://www.facebook.com/profile.php?id=100006173927775. Wer alles gründlichst gelesen und begriffen hat, dem vergeht ganz gewiß jegliches Negieren oder auch nur In-Frage-Stellen der Existenz Gottes.
Sloterdijk-Leser erfahren in seinem letzten Buch keine große Überraschung. Inhaltlich gibt es zu diesem Thema keinen Gedanken, der nicht irgendwann schon einmal ausgesprochen wurde. Der theologisch Interessierte kann deshalb auch bei S. keine Letzterkenntnisse in einem Bereich erwarten, wo am Ende allen Nachdenkens nur die Frage und das Suchen stehen können.
Die Lektüre seiner Bücher stellt für viele Leser jedoch immer wieder eine sprachliche Bereicherung der besonderen Art dar. Der sprachliche Umgang mit mit den denkerischen Herausforderungen dieser Zeit ist m.E. ist eine große Stärke des Verfassers, eine Offenbarung.
Matussek spricht u.a. von „Geschwurbel“. In einer medialen Welt der Grunzlaute und des Gekläffs ist das unzutreffend, völlig unpassend.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass M. sich persönlich herausgefordert sieht und im Windschatten von S. einen mächtigen Furz abgegeben hat.
Für mich bedeutet Dr. Martin Luther ein Wegweiser, ein Kompaß, auf stürmischer See. Prof. Dr. Werner Gitt kann auf Grund seines fundierten Wissens und Intelligenz als Informatiker einem suchenden Menschen richtungsweisend und helfend den Weg aufzeigen, der den Glauben an den Allmächtigen leicht werden läßt. Gott kann auch er nicht naturgesetzlich-mathematisch beweisen. Aber im Kleinsten der Schöpfungsordnung ist es unmöglich, seine Existenz zu leugnen. So Gitt.
Sloterdijk schreibt u.a. gegen die „ekklesiale Sklerose“ und an alle, die es sich in ihrer unhaltbar gewordenen Welt bequem gemacht haben.
Das Buch über Theopoesie enthält eine immense Fülle zu den erdichteten Religionen und deren Wucherungen.
Die Lektüre dieses Textes hat auch mich enttäuscht, weil ein Zusammenhang zu den aktuell so massiven Problemen fehlt. Dennoch wieder ein echter Sloterdijk. Die Passagen über den ‚Dolorismus‘ habe ich mit Gewinn gelesen. Niemand kann so schreiben wie er.
Wie Herr Bach richtig schreibt, gehört Sloterdijk zu den Menschen, die sich selbst als den Maßstab der Welt ansehen und nicht über sich hinaus denken können.
Ich habe festgestellt, daß es so etwas gibt wie eine Unfähigkeit, etwas Nicht-Beweisbares akzeptieren. zu können. Eine Art von religiöser Unterentwicklung. Es gibt ja auch moralischen Schwachsinn bei nicht wenigen Menschen, genau so, wie geistiger Schwachsinn existiert.
Die Unfähigkeit zu glauben (= zu vertrauen) wird meistens in der Kindheit grundgelegt – durch falsche Unterweisung im Glauben bzw. – noch häufiger – durch n i c h t grundgelegtes Ur-Vertrauen bei den Kleinen.
Dies ist äußerst bedauerlich; denn der christliche Glaube ist m. E. das Wunderbarste, was dem Menschen geschenkt wurde: Ein liebender, verzeihender Gott, zu dem wir auf Erden bereits eine Beziehung aufbauen können und sollen, erwartet uns nach unserem Ableben.
Wer, bitte, hat eine tröstlichere schönere Botschaft zu bieten?
Vielen Dank, AnnePetra,
ich finde Ihren Beitrag bewegend, weil ich persönlich genauso empfinde.
Unser liebender und verzeihender Gott ist das Gegenteil des von Mohammed erfundenen Allah.
jodibel
Wir wissen so viel wie fast wenig
Können wir die Welt anders sehen als durch unsere Augen? Vor etwa 50 Jahren wurden Aussagen von Menschen zu Krankheiten psychologisch ausgewertet. Ob in Ost oder West: in einer tieferen Schicht glaubten alle an eine Seuchenhexe oder an einen Pestteufel.
Die Frage E. Kästners, was der Wind mache, wenn er nicht wehe, ist nur erklärlich auf dem Hintergrund der Personifizierung aller Vorgänge um uns herum. „Mutter Erde“ ist heute wieder im Schwange. Es darf nicht wundern, wenn Gott unser Ebenbild ist. Und wenn mein Fahrrad einen Platten hat, bekommt es für sein Versagen einen Tritt oder Schimpfworte. „Böse Kiste“ sagte der kleine Neffe zu einem brennenden Karton, dem es zu nahe gekommen war.
Der Haiku-Dichter Basho schrieb, den Tod vor Augen, in seinem letzten Gedicht: Ein Leben lang wie im Nebel im Kreis herum geirrt. Der Sloterdijk kreist noch …
Es ist für mich vernünftig, mit meinen menschlichen Fähigkeiten an Gott zu glauben. Wer die Gebete der Christen liest weiß, dass deren Glaube immer mit dem Unglauben kämpft bis ans Ende der Tage. Da soll keiner dicketun, Herr Matussek!
Wie alle Menschen stochert Sloterdijks im Nebel der vom Menschen nicht faßbaren Größe Gottes.
Wo kein Beweis für die Existenz, ist auch kein Beweis für die Nichtexistenz.
Es bleibt einzig der Glaube.
Sloterdijk zerschellt an dem Wahn der Menschen, das Größte zu sein, was das Universum je hervorbrachte.
Wie kleingeistig.
Jeder mit ausreichen Vernunft begabte Mensch kann eigentlich nur Agnostiker sein, also weder Gottgläubiger noch Atheist. Eben weil es zwar große Geschichten von Gott gibt, an die man glauben kann oder auch nicht, es aber andererseits keinen Beweis für die Nichtexistenz Gottes gibt. Die Vernunft kann in der Frage nach Gottes Existenz nur zu einem Ergebnis kommen: Ich weiß, daß ich es nicht weiß. Also open end bis der tatsächlich existierende Gott sich uns offenbart? Nein, nicht ganz. Siehe oben!
Mein „Geheimtip“!
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