Von einem „Rudeljournalismus bis zur Besinnungslosigkeit“ sprach der Chefredakteur des Stern, Hans-Ulrich Jörges, kürzlich bei einem medienpolitischen Kongreß der SPD im Bundestag. Ein neuer Fall von solchem „Rudeljournalismus“ ist nun die mediale Stimmungsmache gegen den Vorsitzenden der Landsmannschaft Schlesien, Rudi Pawelka. Mit dem üblichen gespenstischen Gleichklang phantasierten staatstragende Presseorgane von einer angeblichen „Anti-Polen-Rede“ (Die Welt), von „antipolnischen Tönen“ („N24“, „Deutschlandradio“, Neues Deutschland), „antipolnischen Äußerungen“ („NDR“) und von einer „antipolnischen Rede“ (Süddeutsche Zeitung, Die Zeit, Rheinische Post).
Natürlich gab keines von jenen Medienorganen, die sich kollektiv empörten, den Lesern die Gelegenheit, sich selbst ein Bild zu machen. In Berichten des Springer-Blatts Die Welt und der SZ erfährt man noch nicht einmal auch nur mit einem einzigen Satz, was Pawelka denn nun eigentlich gesagt hatte. Nachdem ich die komplette Rede auf der Internetseite der JUNGEN FREIHEIT las, sehe ich nirgendwo auch nur den Hauch von antipolnischen Ressentiments. Statt dessen sehe ich eine unspektakuläre, banale und sogar differenzierte Rede, die im wesentlichen nur Selbstverständlichkeiten des gesunden Menschenverstands beinhaltet. Dazu gehören etwa die Forderung nach einem würdigen Gedenken an die Vertreibung der Deutschen sowie die Absage an ein Messen mit zweierlei Maß und an eine Hierarchisierung von Opfergruppen.
Wie kommen solche Schwachsinnsberichte über die Pawelka-Rede bloß zustande? Ist es der Zeitdruck eines personell und finanziell zunehmend aus dem letzten Loch pfeifenden Journalismus? Ist es Angst vor Sanktionen durch Chefredakteure oder vor Arbeitsplatzverlust? Oder ist es Dummheit, Feigheit und linksideologische Borniertheit? Wahrscheinlich eine Mischung von alledem. Halb muß man Mitleid haben, halb verärgert sein.
Gedankenloses Mitlaufen und Abschreiben
Jedenfalls raunten Welt und Süddeutsche im wortwörtlichen Gleichklang der Formulierungen, daß die Landsmannschaft Schlesien und ihre Unterorganisationen „immer wieder“ wegen des „Vorwurfs einer mangelnden Abgrenzung von Rechtsextremisten“ in der Kritik gestanden hätten. Was das konkret für Vorwürfe waren, und ob diese Vorwürfe berechtigt waren, interessiert Springer & Co. natürlich genauso wenig wie die dekadente Spaßgesellschaft, die mit dem Thema nichts mehr zu tun haben will.
Weiter bezeichnet Die Welt ebenso wie die SZ Pawelka als „rückwärtsgewandte Stimme“. Nun ja. Soll man in einer Rede, die sich mit den Verbrechen der Vertreibung der Deutschen im Zweiten Weltkrieg und danach beschäftigt, etwa primär über die Zukunft sprechen? Diese Verbrechen haben sich nun einmal in der Vergangenheit abgespielt. Ich möchte doch zuversichtlich hoffen, daß es dabei bleibt, daß also der Kommunismus nicht zurückkehrt.
Das gedankenlose Mitlaufen und Abschreiben, das in der Medienkampagne gegen Pawelka zu beobachten ist, wirft die Frage auf, wer hier wohl noch „antipolnische Reden“ halten würde, wenn der Wind zufällig noch von der anderen Seite her wehen würde. Pawelka ist daher die Kraft zu wünschen, dem Rudel auch weiterhin zu widerstehen. Denn gerade wir als Deutsche haben die Lehre aus der Geschichte zu ziehen, daß mit derartigem denunziatorischem Journalismus anfängt, was in viel schlimmeren Entwicklungen enden kann. Nachdem die „Deutsche Demokratische Republik“ untergegangen ist, sollten wir sie nicht durch eine „Deutsche denunzierende Republik“ ersetzen.