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Thüringen: Risse in der Tollhausmauer

Thüringen: Risse in der Tollhausmauer

Thüringen: Risse in der Tollhausmauer

Merkel
Merkel
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Südafrika Foto: picture alliance/Kay Nietfeld/dpa
Thüringen
 

Risse in der Tollhausmauer

Der hysterische Eiertanz um die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen zeigt: Das Narrenhaus der bundesrepublikanischen Politik pfeift aus dem letzten Loch und kann dieses Pfeifen nur noch durch stetig schrillere Mißtöne überdecken. Ein Kommentar von Kurt Zach.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Es war nicht zu erwarten gewesen, daß Thomas Kemmerich eine ganze Legislaturperiode als Ministerpräsident von Thüringen durchhalten würde. Der Eiertanz, eine vom Wähler gewollte bürgerliche Mehrheit zu realisieren, ohne zum Mitwirken der stärksten der drei Parteien stehen zu wollen, wäre so oder so auf Dauer nicht durchzuhalten gewesen, schon gar nicht gegen den Widerstand der überraschend abgewählten bisherigen Pfründeinhaber.

So aber wurde Kemmerich zum Ministerpräsidenten mit der kürzesten Amtszeit überhaupt; gut 24 Stunden dauerte es, bis er aufgab. Das hysterische Aufheulen des polit-medialen Chors, die maßlosen und absurden Nazivergleiche, Schmähungen und Beschimpfungen, der auf Kommando entfesselte linksextreme Straßenterror und die physischen Drohungen auch gegen die eigene Familie: AfD-Politiker kennen solche Hexenjagden, für den FDP-Mann war es eine neue Erfahrung. Dazu der erpresserische Druck aus den eigenen Reihen – offenbar zuviel für den wackeren Mittelständler und Familienvater, der anders als die marodierenden linken Sturmtruppen eine selbstgeschaffene Existenz zu verlieren hat.

So geht Thomas Kemmerich als tragisch-traurige Figur in die deutsche Parteiengeschichte ein. Er hätte eine historische Figur werden können, einer, der dem System Merkel und der grünlinken Diskurshegemonie, auf der es errichtet ist, den vielleicht entscheidenden Stoß versetzt.

Aufkündigung der parlamentarischen Demokratie

Dessen letzte Bastion ist die groteske Konstruktion, eine demokratische und – im Falle Thüringens – von einem Viertel der Bürger gewählte Oppositionspartei zum NS-Wiedergänger zu erklären, zu Unberührbaren, mit denen man nicht reden und nicht zusammenarbeiten darf, deren Positionen, Stimmen und Abgeordnetenmandate unter Quarantäne zu stellen und faktisch zu annullieren sind, während eine mit Extremisten und Gewalttätern verfilzte kommunistische Partei mit fragwürdiger Diktaturtradition zu Musterdemokraten hochgejubelt wird.

Das ist nichts weniger als die Aufkündigung der parlamentarischen Demokratie und ihrer nach dem Rechtsstaatsprinzip für alle gleich geltenden Regeln durch eine in äußerste Defensive geratene, abgehobene und selbstherrliche politische Klasse, in der auch vermeintlich „bürgerlichen“ Unions- und FDP-Politikern das stalinistische Kampfvokabular, das jeden Nicht-Linientreuen zum „Nazi“ und „Faschisten“ stempelt, so locker von den Lippen kommt wie altgedienten Kommunisten und Linksextremisten.

Einen Schlag hat die Eintags-Ministerpräsidentschaft Thomas Kemmerichs diesem Konstrukt schon versetzt. Wenn die Kanzlerin aus dem fernen Afrika ein „Machtwort“ sprechen muß, um eine demokratisch einwandfreie Wahl per Selbstermächtigung zu annullieren und die regierungsfromme Medienschar dem ehrfürchtig Beifall zollt, wenn Parteivorsitzende sich absprechen, um ihre laut Verfassung nur dem eigenen Gewissen verantwortlichen Abgeordneten in einem Landtag herumzukommandieren, zu kujonieren und zu zentral verordnetem Wahlverhalten zu nötigen, und wenn der Medientroß nichts dabei findet, sondern sogar eifrig immer noch eins obendraufsetzt, wird jedem nüchternen Beobachter klar, daß hier ein abgewirtschaftetes Machtkartell aus dem letzten Loch pfeift und dieses Pfeifen nur noch durch stetig schrillere Mißtöne überdecken kann.

Die nächste Krise kommt bestimmt

Die Mauer um das Narrenhaus der bundesrepublikanischen Politik hat einen weiteren Riß bekommen. Der nächste könnte von der Thüringer CDU kommen. Wird auch sie den von der Parteiführung verordneten Selbstmord begehen und wie von Kanzlerin Angela Merkel, Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Generalsekretär Paul Ziemiak gewünscht endlich dem Kommunisten Ramelow den Macht- und Pfründeerhalt zu sichern? Dann braucht sie zur nächsten Wahl, vorgezogen oder nicht, gar nicht mehr anzutreten.

Ob Mohring den Mut hat, dem System Merkel die Stirn zu bieten? Bislang hat er wenig heldenhaft agiert, bezeichnend, daß die CDU sich zunächst hinter dem wackeren FDP-Mann versteckt hat. Aber das Grummeln wird lauter. Die spontanen Jubler und Gratulanten aus den Reihen von Union und FDP, die die Wahl Kemmerichs als Neuanfang begrüßten, waren schon diesmal kaum noch einzufangen. Die nächste Krise kommt bestimmt. Wir leben in spannenden Zeiten – in Wendezeiten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Südafrika Foto: picture alliance/Kay Nietfeld/dpa
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