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Kommentar: Köln, Dresden und der Pegida-Eklat

Kommentar: Köln, Dresden und der Pegida-Eklat

Kommentar: Köln, Dresden und der Pegida-Eklat

Pegida Karlsruhe
Pegida Karlsruhe
Pegida-Demonstration in Karlsruhe Foto: alliance/dpa
Kommentar
 

Köln, Dresden und der Pegida-Eklat

Die Stimmung auf der Straße verschärft sich. In der Asylkrise werden die Töne rauher. In Dresden sorgte nun der Schriftstelle Akif Pirinçci bei Pegida für einen Eklat. Dabei braucht es gerade in dieser ernsten Situation eine besonnene Debatte über Wege aus der Asylkrise und keine weitere Radikalisierung. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
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Hoffentlich bleibt die brutale Messerattacke auf die parteilose Kölner Politikerin Henriette Reker die Einzeltat eines geistig und politisch Verirrten. Die Schwerverletzte siegte am Sonntag und ist die neue Oberbürgermeisterin der Domstadt. Es war selbstverständlich, daß Politiker aller Parteien von der Linken bis zur AfD diese Tat verurteilten.

Weniger deutlich, genauer gar nicht zu hören sind Solidaritätsbekundungen mit einem am Montag in Dresden von linksradikalen Chaoten schwer verletzten Pegida-Demonstranten. In vielen Presseberichten wird sogar verschwiegen, welcher Gruppe Opfer und Täter angehören. Es wird der Eindruck erweckt, als handele es sich beim Verletzten gar um ein Opfer wildgewordener Pegida-Anhänger.

Die Töne werden rauher

Die Stimmung auf den Straßen verschärft sich. Die Töne werden rauher. Die hitzigere Atmosphäre bei den Zehntausenden, die in Dresden am Montag wieder auf die Straße gingen, erklärt der Politikwissenschaftler Werner Patzelt damit, daß „das Maß an Verbitterung und Zorn“ steige, weil die Demonstranten das Gefühl hätten, die ganze Zeit recht gehabt zu haben, „wenn in der Asylpolitik jetzt der Bundestag beschließe, was sie vor einem Jahr schon gefordert haben“. Und dafür seien sie „als Faschisten und Rassisten beschimpft worden“. Oder wie die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi, die Pegida jetzt als „völlig Wahnsinnige“ bezeichnete.

Wenn Politiker Bürger, die diesen ungebremsten Ansturm illegaler Einwanderer kritisieren, pauschal als Hetzer und Ausländerfeinde beschimpfen, gießen sie Öl ins Feuer. Die Wut der Bürger steigt, wenn der Eindruck entsteht, daß in einer Demokratie nicht alle Seiten gleichberechtigt zu Wort kommen. Wenn es den Anschein hat, der Bundestag stehe in dieser Frage nahezu geschlossen gegen einen wachsenden Teil des eigenen Volkes.

Pirinçci sorgte für handfesten Eklat

Doch auch die Kritiker drohen jedes Maß zu verlieren: Der Auftritt des Schriftstellers Akif Pirinçci bei Pegida sorgte für einen handfesten Eklat, bei dem sogar Mitverantwortliche davon sprechen, er habe Pegida „beschmutzt und beschädigt“. So sprach er von Moscheen als „Allah hat den Größten-Tempel“ und von Moslems, die über deutsche Frauen herfielen und in diese „ihren Moslem-Saft reinpumpen“. Seine wüsten Attacken gegen Grüne und Moslems wurden im Verlaufe des Vortrages den Pegida-Demonstranten zuviel und er mußte unter „Aufhören!“-Rufen vorzeitig die Bühne verlassen.

Ich selbst bedaure übrigens, daß wir eine Lesung aus seinem neuen Buch mit vergleichbaren drastischen Passagen auf der Buchmesse am vergangenen Wochenende ohne Erwiderung gelassen haben. Wurde er von seinem Publikum zu sehr ermuntert, seine Polemik immer weiter zu überdrehen?

Doch auch Pirinçci muß man in Schutz nehmen: Er hat in seiner polemischen Wutrede in Dresden keineswegs das Wiedereröffnen von KZs für Ausländer oder linke Politiker gefordert, wie einige Medien verzerrt berichten. Bezogen auf die Äußerung eines CDU-Landrates, der jüngst Asylkritikern empfohlen hatte, wem die Werte nicht paßten, „kann dieses Land jederzeit verlassen“, meinte Pirinçci vielmehr: „Offenkundig scheint man bei der Macht die Angst und den Respekt vor dem eigenen Volk so restlos abgelegt zu haben, daß man ihm schulterzuckend die Ausreise empfehlen kann, wenn er gefälligst nicht pariert. Es gäbe natürlich auch andere Alternativen. Aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb.“

Wir brauchen eine besonnene Debatte

Der Publizist Matthias Matussek verteidigte Pirinçci am Dienstag gegen eine Totalverdammung und meinte, dieser habe lediglich „Rollenprosa“ betrieben. Aber Matussek schreibt auch: „Dennoch hat sich Pegida unangenehm radikalisiert. Ich war im November 14 als Journalist mitgelaufen und habe keine einzige Parole gehört, die mich empört hätte. … Leider hat sich die Bewegung unter dem Druck der Verhältnisse radikalisiert.“

Die Lage in Deutschland ist angesichts der anhaltend ungelösten Asylkrise besorgniserregend. Wir brauchen eine besonnene Debatte über Wege aus der Asylkrise und keine weitere Radikalisierung.

Pegida-Demonstration in Karlsruhe Foto: alliance/dpa
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