KAMENZ. Der Prozeß gegen die vier Männer, die im vergangenen Jahr einen randalierenden Asylbewerber aus einem Supermarkt gedrängt und gefesselt haben, ist am ersten Verhandlungstag wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Der Richter am Amtsgericht Kamenz begründete die Einstellung des Verfahrens am Montag unter Zustimmung von Staatsanwalt und Verteidiger mit der geringen Schuld der Angeklagten. Die Prozeßkosten trägt die Staatskasse.
Zwar hätten die vier Beschuldigten den psychisch kranken Iraker an einen Baum gefesselt, doch selbst wenn im Rahmen der Beweisaufnahme eine Freiheitsberaubung oder Nötigung festgestellt worden wäre, wäre lediglich eine Geldstrafe in geringer Höhe die Folge gewesen, erläuterte der Richter. Zudem betonte er, die vier Männer seien strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.
Asylbewerber war der Polizei bekannt
Die Männer im Alter von 29 bis 56 Jahren hatten den 21 Jahre alten Flüchtling im Mai vergangenen Jahres nach einer Auseinandersetzung aus einem Supermarkt im sächsischen Arnsdorf gebracht, mit Kabelbindern an einem Baum fixiert und der Polizei übergeben. Der Asylsuchende hatte sich zuvor bereits zwei Mal wegen einer nicht-funktionierenden Handykarte im Supermarkt beschwert und mußte von der Polizei hinausbegleitet werden. Laut JF-Informationen war der Mann bereits zuvor polizeilich in Erscheinung getreten, als er mit einer Eisenstange auf Passanten losging.
Der Iraker war vergangenen Montag tot in einem Wald etwa 60 Kilometer von Arnsdorf entfernt aufgefunden worden. Eine Obduktion der Leiche ergab, daß er bereits vor Monaten an Unterkühlung gestorben war. Er sollte als Zeuge angehört werden. Laut Richter habe der Asylsuchende allerdings kein Interesse an einer Rechtsverfolgung gezeigt. Es habe zudem keine Hinweise gegeben, daß die Beschuldigten einer Bürgerwehr angehörten, betonte der Richter mehrfach.
Der CDU-Politiker Benno Detlef Oelsner, der als einer der vier Männer auf der Anklagebank gesessen hatte, zeigte sich nach der Einstellung des Verfahrens gegenüber der JF erleichtert. „Es hätte gar nicht erst zu einer Anklage kommen dürfen“, sagte er. „Die Einstellung des Verfahrens war die optimalste Lösung.“ Er sei sich aber sicher, wäre das Verfahren weitergelaufen, wären er und die anderen Beteiligten freigesprochen worden.
„Mehr Erfolg geht nicht“
Auch sein Anwalt Maximilian Krah war mit dem Ausgang der Verhandlung zufrieden. „Zivilcourage darf nicht strafbar sein – um diese Botschaft ging es von Anfang an. Und das steht nun fest. Wir haben am ersten von zehn angesetzten Verhandlungstagen das Ziel erreicht, für das wir bereit waren, durch drei Instanzen zu streiten. Mehr Erfolg geht nicht.“
Der Amtsrichter habe in seiner Erklärung zur Verfahrenseinstellung letztlich klargemacht, daß diese Anklage nie hätte erhoben werden dürfen, sagte Krah der JF. „Die Ermittlungsakte enthält nicht einmal einen Ansatz eines Verdachtes, dass die Angeklagten einer Bürgerwehr angehören. Wenn man diesen Befund mit der Medienberichterstattung vom letzten Sommer vergleicht wird deutlich, wie sehr die Medien die Tatsachen verdreht haben.“
Für die vier Angeklagten entstanden durch das Verfahren dennoch erhebliche Kosten in Höhe von etwa 20.000 Euro für die Verteidigung. Rund 17.000 Euro konnten allerdings bereits durch Spenden, unter anderem von der Initiative „Ein Prozent“, aufgebracht werden. (ls)
> Ein ausführlicher Bericht über den Prozeß erscheint am Freitag in der kommenden Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT (JF 18/17)