Es gibt nur eine Politik. Personalpolitik. Und wenn man die Wahl von Alice Weidel und Alexander Gauland in das Spitzenteam der AfD als personalpolitische Entscheidung betrachtet, war das eine glückliche. Nach den vergeblichen Appellen zur Einheit, den Turbulenzen im Vorfeld, dem langwierigen Hin und Her um die Führung und dem unerfreulichen Eindruck, den man nach den Abläufen am Sonnabend gewinnen mußte, wirkt dieser Entschluß wie der lange geforderte Beweis politischer Vernunft.
Damit soll gar nicht in Abrede gestellt werden, daß Absprachen und Kompromisse, für den Betrachter verborgene Haupt- und Nebenabsichten eine Rolle spielten. Aber das tut angesichts des Formats der beiden Kandidaten wenig zur Sache. Sie repräsentieren nicht nur jeweils wichtige Landesverbände im Westen (Baden-Württemberg) und im Osten (Brandenburg), sondern auch die beiden Hauptströmungen der Partei: die klassisch-liberale, die für wirtschaftliche Vernunft und Leistungsprinzip steht, die volkskonservative, die die AfD in erster Linie als Interessenwahrerin der einfachen Leute etabliert hat und den Gedanken der Nation hochhält.
Überlegene Intelligenz und Härte in der Sache
Das Augenfällige, die Bestimmung einer Frau hier, eines Mannes dort, die relative Jugend der einen, das relative Alter des anderen, kann angesichts dessen in den Hintergrund treten. Zumal es zwischen Weidel und Gauland eine wesentliche Gemeinsamkeit gibt: überlegene Intelligenz und Härte in der Sache.
Wer einmal beobachtet hat, wie Alice Weidel jemandem geduldig zuhört, um angesichts notorischen Unsinns plötzlich die Miene zu wechseln und mit eisiger Kälte das Gespräch zu beenden, wird sich durch die Höflichkeit und Verbindlichkeit, die sie normalerweise an den Tag legt, nicht täuschen lassen. Und daß man ihr Verständnis von Liberalität nicht mit Laxheit verwechseln darf, müßte dem letzten angesichts ihrer Stellungnahme zur Doppelpaßfrage deutlich geworden sein.
Kampfgeist und Disziplin
Umgekehrt hat Gauland im Lauf der letzten Jahre eine Qualität als Volkstribun entwickelt, die man einem Intellektuellen kaum zugetraut hätte. Der Intellektuelle ist allerdings nicht einfach verschwunden. Im Tagesgeschäft oder bei den Debatten einer Talkshow hat er wenig zu suchen, aber für Gauland gibt es eine Art weltanschaulichen Leitfaden, den man wohl als „Torydemokratie“ bezeichnen kann, jene Vorstellung vom notwendigen Zusammenwirken zwischen Volk und organischer Führung, die die von ihm bewunderten englischen Konservativen anstrebten.
Die Entscheidung der AfD, mit einem Spitzenteam anzutreten, und nicht einfach als namenlose Liste zu erscheinen, war richtig. Eine so junge, angefeindete und von einer geschlossenen Front des Establishments bekämpfte Partei braucht Sichtbarkeit, einzelne, mit denen sich Anhänger und Wähler identifizieren können, und Personen, die neben dem notwendigen Kampfgeist auch Disziplin, Parkettsicherheit und geistige Unabhängigkeit mitbringen. Das alles darf man Alice Weidel und Alexander Gauland zutrauen. Das ist angesichts der gegebenen Lage nicht wenig.