Kaum im Amt erklärte Uli Grötsch in Interviews Polizisten, die „AfD-Mitglied sind oder die Partei unterstützen“, für „hochproblematisch“ und kritisierte, laut Studie äußerten sich „15 bis 20 Prozent der Bediensteten chauvinistisch“. Zwei Wochen später warnt der Sozialdemokrat erneut, „Rechtsextreme versuchen gezielt, die Polizeien zu destabilisieren“. Eine Einschätzung, die selbst Grötsch’ Parteikollegin Daniela Behrens, Innenministerin in Niedersachsen, „in dieser Dimension nicht teilt“.
Zwar bezeichnet sich der neue Polizeibeauftragte des Bundes als „Lobbyist der Beschäftigten der Polizeien“, will keine „Anschwärzstelle“ sein und einen „kooperativen Ansatz“ verfolgen. In der öffentlichen Kommunikation aber setzt er bislang einen einseitigen Schwerpunkt: Vor allem „Demokratiefeinden“ in der Polizei hat er den Kampf angesagt, will Einstellungsverfahren unter die Lupe nehmen und „Racial Profiling“ bekämpfen.
Grötsch: 18 Mitarbeiter, weitreichende Befugnisse, unangekündigt Dienststellen betreten
Bereits acht Bundesländer leisten sich einen Polizeibeauftragten. Im März wurde Grötsch vom Bundestag für diese Aufgabe im Bund gewählt. Der 1975 in Weiden geborene Oberpfälzer war selbst Polizist, nach der Mittleren Reife 1992 ließ er sich in Bayern ausbilden, wurde unter anderem im Grenzschutz eingesetzt.
Fast parallel durchlief er ab 1994 die Ochsentour durch die Parteiebenen der SPD. 2013 zog er in den Bundestag ein und saß im Innenausschuß. In der Fraktion war er zeitweise Mitglied der Arbeitsgemeinschaft „Strategien gegen Rechtsextremismus“. Und aus dem bundestagseigenen Fußballclub FC Bundestag zog er sich zurück, als die ersten AfD-Abgeordneten dort anheuerten.
Zu seinem neuen Amt, für das er sein Mandat niedergelegt hat, paßt Grötsch also in jeder Hinsicht: Denn anders als Polizeibeauftragte der Länder, die Vertrauen fördern sollen, will der des Bundes, wie es im Gesetz heißt, „strukturelle Mängel“ etwa bei der Bundespolizei aufdecken und „Fehlverhalten von Beschäftigten“ untersuchen. Das könnten, wie die Grünen formulieren, „rassistische und rechtsextreme Chats oder frauen- oder queerfeindliches Verhalten sein“.
Grötsch stehen dafür 18 Mitarbeiter und weitreichende Befugnisse zur Verfügung: Er kann Polizeiakten anfordern oder ohne Anmeldung Dienststellen betreten. Jährlich berichtet er dem Bundestag. Grötsch betont, seine Ermittlungsarbeit sei ein „politisches Verfahren … (zur) Klärung des Sachverhalts und (seiner) politischen Bewertung“.
„Werden Beamte, die nicht nach der politischen Pfeife der Ampelregierung tanzen, verfolgt?“
Bei beiden großen Polizeigewerkschaften sorgt das neue Amt, dessen Eingriffsbefugnisse nicht mit dem der Länderbeauftragten vergleichbar seien, für Unmut. Schon die Tätigkeitsbeschreibung führe „zu einer untragbaren Verunsicherung“, klagt die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) zeigt sich schockiert: „Es erinnert doch stark an dunkelste Zeiten der DDR“ und fragt: „Werden Beamte verfolgt, die nicht nach der politischen Pfeife der Ampel tanzen?“
Sie will nun auch nach Karlsruhe ziehen, durchaus mit Aussicht auf Erfolg: Im Gesetzgebungsverfahren beklagte eine Expertin nicht nur den „konfrontativen Charakter“ des Amtes, sondern sah auch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Etwa in Hinsicht auf die Gewaltenteilung, da der Beauftragte parallel zur Justiz innerhalb der Polizei ermitteln kann. Vollmundige Versprechen macht derweil CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor: „Wenn wir regieren, werden wir dieses Amt abschaffen.“