BERLIN. Die AfD-Bundestagsfraktion hat juristische Schritte gegen die verweigerte Wahl ihrer Ausschußvorsitzenden eingeleitet. Am 31. Dezember habe sie sowohl eine Klage, als auch einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, teilte die AfD am Donnerstag mit.
Der AfD stehe bei drei der 25 Bundestagsausschüsse „aufgrund verbindlicher Vereinbarungen zwischen sämtlichen Fraktionen der Vorsitz zu“, argumentiert die Oppositionspartei. Gemäß dem sogenannten Zugriffsverfahren hat die AfD demnach das Recht, den Vorsitz im Innen- und Gesundheitsausschuß sowie in dem für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu übernehmen.
Doch bei den konstituierenden Sitzungen der Gremien Mitte Dezember waren alle drei AfD-Kandidaten durchgefallen. Dem Innenausschuß sollte Martin Hess vorsitzen, dem Gesundheitsausschuß Jörg Schneider und dem Entwicklungsausschuß Deitmar Friedhoff. Vor der Wahl war entgegen dem üblichen Vorgehen beschlossen worden, in geheimer Wahl abzustimmen.
„Mißachtung des Rechts auf gleichberechtigte und faire Mitwirkung im Parlament“
„Dies ist nach Auffassung der AfD eine Mißachtung des Rechts auf gleichberechtigte und faire Mitwirkung im Parlament und damit ein Verstoß gegen grundgesetzlich verankerte Demokratieprinzipien“, kritisiert die AfD. Der parlamentarische Geschäftsführer und Justiziar der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Brandner, fordert: „Deutschlands demokratisches System darf nicht weiter erodieren.“
Wenn im Bundestag Oppositionsfraktionen „mit Tricksereien und Blockaden unter Bruch jahrzehntelanger Gepflogenheiten und verbindlicher Vereinbarungen von einer angemessenen Mitwirkung in zentralen Gremien ausgeschlossen werden, ist das eine Tragödie für unseren Staat“. Er hoffe auf ein schnelles Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts.
In der Beschwerdeschrift, die der JF vorliegt, heißt es, mit der Nicht-Wahl der AfD-Abgeordneten seien die „Grundsätze formaler Gleichbehandlung der Fraktionen sowie der effektiven Opposition“ verletzt worden, die zwar verfassungsrechtlich nicht in strikter Weise vorgegeben, aber durch die Geschäftsordnung des Bundestags gelten. Es gehe in dem Fall aber auch um „im öffentliche Interesse liegende Verfassungsprinzipien“, da die Kontrollbefugnisse der parlamentarischen Opposition nicht nur zu ihren Gunsten seien, „sondern in erster Linie im Interesse des demokratischen, gewaltengegliederten Staates“.
Gepflogenheiten im Bundestag geändert
Im Eilantrag fordert der Verfahrensbevollmächtigte, das Bundesverfassungsgericht solle „den Zustand vorläufig dahingehend regeln“, daß die AfD ab den nächsten Ausschußsitzungen am 12. Januar die drei Vorsitzenden stellen kann.
Seitdem die AfD im Bundestag ist, haben die anderen Parteien immer wieder auf bisherige Gepflogenheiten verzichtet. So wird der AfD bereits seit der Legislaturperiode ab 2017 ein Posten als Bundestagsvizepräsident verweigert. Außerdem änderte das Parlament die Definition des Alterspräsidenten. War dies zuvor der älteste Abgeordnete, ist es nun der dienstälteste, wodurch bei der konstituierenden Sitzung im Oktober nicht Alexander Gauland von der AfD die Eröffnungsrede hielt, sondern der langjährige Parlamentarier Wolfgang Schäuble (CDU). (ls)