Im Politikbetrieb sind sie die namen- und gesichtslosen fleißigen Helfer: die Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten. Sie recherchieren Themen, schreiben Reden und füttern ihre Chefs mit Informationen. Inwieweit der Mitarbeiter dabei seinen Abgeordneten auch inhaltlich beeinflußt, ist für Außenstehende nur schwer zu klären. Mitunter ergänzen sich Meister und Geselle auch und bilden thematisch ein Gespann. So wie im Fall von Frank Brendle und Ulla Jelkpe.
Brendle ist seit Jahren leidenschaftlicher Bundeswehr-Gegner und war zeitweise Geschäftsführer des Landesverbands Berlin-Brandenburg der linksradikalen „Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) sowie Kopf des „Büros für antimilitaristische Maßnahmen (BamM!)“. Gleichzeitig arbeitet der Historiker für die innenpolitische Sprecherin der Linkfraktion.
2008 sorgten die Berliner und Brandenburger Antimilitaristen anläßlich eines in Afghanistan gefallenen Bundeswehrsoldaten mit einem geschmacklosen Plakat für Schlagzeilen. Darauf waren drei Soldaten zu sehen, die einen Sarg mit Bundesflagge trugen. Unter dem Motto „Schritt zur Abrüstung“ jubelte die Deutsche Friedensgesellschaft: „Die Bundeswehr auf dem richtigen Weg. Wieder einer weniger. Wir begrüßen diese konkrete Maßnahme, den Umfang der Bundeswehr nach und nach zu reduzieren.“
„Hoch die internationale Solidarität“
Die gemeinsame Internetseite der DFG-VK Berlin-Brandenburg und des BamM bot das Plakat damals zum Herunterladen an. Betreut wurde die Seite damals von einem Mitarbeiter Jelpkes. Und so wundert es wenig, daß sich die Innenpolitikerin regelmäßig bei der Bundesregierung nach öffentlichen Auftritten der Bundeswehr auf Messen und in Schulen erkundigte. Die abgefragten Termine stellte sie dann „Friedens- und Antifa-Gruppen zur Verfügung“, wie sie 2009 verriet. Kaum hatte die Regierung geantwortet, fanden sich die geplanten Bundeswehrauftritte auf der Seite der Militär-Gegner um Brendle wieder.
Brendle und Jelpke eint allerdings nicht nur ihre Ablehnung der Bundeswehr: Beide schreiben beziehungsweise schrieben immer wieder für die Tageszeitung Junge Welt. Jelpke war dort sogar einige Zeit Ressortleiterin für Innenpolitik. Und auch ihr Mitarbeiter Nikolaus Brauns füllt regelmäßig die Zeilen des Blatts. Vor einigen Jahren schrieb Brauns in der Jungen Welt über die Verurteilung Michael Knapps vom Kurdistan Solidaritätskomitee Berlin.
Das Berliner Landgericht sah es als erwiesen an, daß Knapp Propaganda für die verbotene PKK verbreitet hatte. Knapp hingegen betrachtete sich als Opfer staatlicher „Repression“ und forderte in seinem Schlußwort: „Hoch die internationale Solidarität – Freiheit für alle politischen Gefangenen – Weg mit dem Verbot der PKK“. Bis vor kurzem war er als Kollege Brauns ebenfalls bei Jelpke angestellt.
Enge Kontakte zur Jungen Welt
Doch Jelpkes Büro ist nicht das einzige der Linksfraktion mit guten Kontakten zum einstigen FDJ-Organ. Dabei hatten bereits 2011 zahlreiche Linken-Mitglieder in einem Aufruf gefordert: „Keine Kooperation mit der Jungen Welt!“ Anlaß war eine Ausgabe der Zeitung zum Jahrestag des Mauerbaus mit der Titelschlagzeile. „Wir sagen an dieser Stelle einfach mal: Danke“.
In der anschließenden Diskussion wies der damalige stellvertretende Chefredakteur Rüdiger Göbel den Vorwurf zurück, bei der Jungen Welt handle es sich um eine „Parteiflügelzeitung“. Es gebe keine personelle Verflechtung zwischen der Zeitung und der Linkspartei. Heute ist Göbel im Bundestag bei der Linken-Abgeordneten Sevim Dağdelen angestellt.
Ein weiteres Gespann bilden die stellvertretende Linken-Vorsitzende Martina Renner und ihr Mitarbeiter Sebastian Wehrhahn. Renner ist Sprecherin für antifaschistische Politik der Fraktion. Wehrhahn war bis mindestens 2015 für die staatlich geförderte Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin tätig. Gemeinsam haben sie sich der Aufklärung über „rechten Terror“ verschrieben. Denn: Um der Gefahr Einhalt zu bieten, müsse man sie erst sichtbar machen, warnten die beiden im vergangenen Jahr im Antifa-Blatt Der Rechte Rand.
Mit Benjamin Paul-Siewert verfügt Renners Bundestagsbüro zudem über einen ausgewiesenen Antifa-Experten. Der Erziehungswissenschaftler veröffentlichte im vergangenen Jahr das von der Rosa-Luxemburg-Stiftung geförderte Buch „30 Jahre Antifa in Ostdeutschland“.
Journalistin arbeitete für Linken-Abgeordnete
Eine Auseinandersetzung mit Straftaten der Antifa wie Brandanschläge oder Überfälle sucht man darin jedoch vergeblich. Dafür enthält das Werk neben linksradikaler Folklore auch Tips für die Zusammenarbeit zwischen Antifa und „zivilgesellschaftlichen Gruppen“. Voraussetzung für ein solches Bündnis ist allerdings nicht, daß erstere der Gewalt abschwört, sondern „daß sich die zivilgesellschaftlichen Gruppen eindeutig von rassistischen oder nationalistischen Positionen“ distanzieren.
Ebenfalls für Renner arbeitete zumindest bis zum Frühjahr auch die Journalistin Heike Kleffner (taz, Zeit, Frankfurter Rundschau). Zu ihren Themen gehören „rechte Gewalt, Neonazis und die Situation von Geflüchteten“. Gemeinsam mit dem Tagesspiegel-Journalisten Matthias Meisner brachte sie im vergangenen Jahr den Sammelband „Unter Sachsen: Zwischen Wut und Willkommen“ heraus, in dem der Freistaat über weite Teile als Paradebeispiel eines latent ausländerfeindlichen und rechtsnationalen Dunkeldeutschlands dargestellt wird.
Die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz hingegen hat ein regelrechtes marx21-Netzwerk in ihrem Büro installiert. Die 47jährige war Mitglied des linksradikalen „Linksruck“, der sich 2007 auflöste und im Linkspartei-Netzwerk marx21 aufging. Ihr Mitarbeiter Yaak Pabst fand ebenfalls den Weg von Linksruck zu marx21, wo er mittlerweile als leitender Redakteur der gleichnamigen Verbandszeitschrift fungiert. Dort ruft er unter anderem zum Kampf gegen die AfD auf. Diesen müsse man selbst in die Hand nehmen, forderte Pabst, denn der „Staatsapparat“ sei hierbei „kein verläßlicher Bündnispartner“. Statt dessen brauche es „entschlossene Bündnisse, die Nazis und Rassisten den Weg versperren“.
„Über Anti-Nazi-Proteste radikalisiert“
Buchholz selbst ist Mitglied im redaktionellen Beirat des Magazins. Ihre Mitarbeiterin Lucia Schnell wiederum sitzt im Vorstand des Vereins, der marx21 herausgibt. Paula Rauch, ebenfalls im Bundestagsbüro angestellt, übernahm zeitweise das Layout der Zeitschrift. Die frühere Geschäftsführerin des Studentenverbands „Die Linke.SDS“ sagt über sich selbst, sie habe sich „über Anti-Nazi-Proteste politisiert und radikalisiert“. Heute gehört sie der linksextremistischen Gefangenenhilfsorganisation Rote Hilfe an.
Diese zählt zu den mitgliedsstärksten und einflußreichsten Gruppierungen der linksextremen Szene und verfolgt laut Bundesregierung „verfassungsfeindliche Ziele“. Für mehrere Mitarbeiter von Linken-Abgeordneten ist das jedoch kein Hindernis, die Organisation zu unterstützen. So ist auch Cornelia Hirsch Mitglied der Roten Hilfe. Hirsch war früher selbst Bundestagsabgeordnete. Heute arbeitet sie für Fraktionschefin Sahra Wagenknecht.
Über die zahlenmäßig größte Mitarbeiterschar hingegen verfügt Diether Dehm. Der Musikproduzent sorgte bereits 2016 für Schlagzeilen, als bekannt wurde, daß er den Ex-RAF-Terroristen Christian Klar beschäftigte. Heute zählt Dehms Mitarbeiterstab zwölf Personen, darunter den einstigen SED-Funktionär und DDR-Juristen Gregor Schirmer, den früheren stellvertretenden Kulturminister der DDR, Klaus Höpcke, sowie den russischen Video-Journalisten Alexej Stoljarow.
Vereint in Annti-Israel Haltung
Mit der Abgeordneten Sabine Leidig teilte sich Dehm bis vor einigen Monaten noch den Mitarbeiter Pedram Shahyar. Als Mitglied der linksextremistischen, gewaltbereiten Gruppierung Interventionistische Linke war der gebürtige Iraner 2007 ein Bindeglied zwischen Linksfraktion und den Anti-G8-Protesten in Heiligendamm.
Mittlerweile schreibt Shahyar, derzeit nur noch für Leidig tätig, für den Blog KenFM des ehemaligen RBB-Moderators Ken Jebsen, einem politischen Weggefährten Dehms. Beide eint unter anderem ihre ablehnende Haltung gegenüber Israel, die auch Shahyar teilt. 2009 warf er Israel und seinen Unterstützern in der Jungen Welt „kolonialen Rassismus“ vor. Die Kritik richtete sich auch an Berlins Linken-Chef Klaus Lederer, weil dieser sich an einer pro-israelischen Demonstration beteiligt hatte.
Seiner anti-israelischen Haltung ist Shahyar treu geblieben. Als vor einigen Monaten auf deutschen Straßen Israelflaggen von arabischen Jugendlichen verbrannt wurden, fand Shahyar das auf KenFM zwar „nicht gut“, viel mehr empörte er sich allerdings über den ausbleibenden Aufschrei, „wenn Hunderte Palästinenser binnen weniger Tage verletzt oder umgebracht“ würden. Statt der Forderung nach einem Stopp der Waffenlieferungen an Israel, gebe es „rauf und runter“ nur „das Gerede der historischen Verantwortung“.
JF 36/16