BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich skeptisch zu einer Übernahme abgelehnter Asylbewerber in den deutschen Arbeitsmarkt geäußert. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, daß ein abgelehnter Flüchtling einfach den „Spurwechsel“ Richtung Fachkräftemangel vollziehen könne, um im Land zu bleiben. „Nach außen das Signal zu geben: Du kannst kommen, und es wird im Grunde dann nicht mehr unterschieden – das finde ich nicht richtig“, sagte sie im Sommerinterview der ARD.
Die CDU-Politikerin betonte, stattdessen werde ihre Partei an einem Fachkräftezuwanderungsgesetz arbeiten. Das sei ein „Riesenschritt für die Union“, die sich bislang gegen so eine Regelung gesperrt habe. „Wir sehen, daß das notwendig ist.“
Zuletzt hatte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) die Idee eines so genannten „Spurwechsels“ in die Asyldebatte gebracht. Demnach sollen abgelehnte Asylbewerber die Möglichkeit bekommen, dennoch Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu erhalten.
„Wir haben Gerichtsentscheidungen zu akzeptieren“
Zu den Vorgängen rund um die Abschiebung des mutmaßlichen islamistischen Gefährders Sami A. warnte Merkel davor, die Unabhängigkeit der Gerichte anzutasten. „Wir haben Gerichtsentscheidungen zu respektieren“ und die Institutionen zu achten.
Anderenfalls gerate die Demokratie in Gefahr. „Demokratie ist Minderheitenschutz, Pressefreiheit, Demonstrationsmöglichkeiten, Demokratie sind unabhängige Gerichte“, betonte die Kanzlerin. Im juristischen Tauziehen um Sami A. hatte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) den Richtern vorgeworfen, das Rechtsempfinden der Bevölkerung zu vernachlässigen.
Merkel fordert mehr Elektro-Autos
Ablehnend zeigte sich Merkel hinsichtlich einer möglichen Wiedereinführung der Wehrpflicht. Die Rücksprache mit den Inspekteuren der Teilstreitkräfte habe sie in ihrer Haltung bestätigt. So hätten sich die Anforderungen an die Soldaten gewandelt. Mit der Wehrpflicht sei das nicht zu bewältigen.
Merkel sprach sich gegen eine Verschärfung der Klimaschutzziele aus. Die EU-Kommission hatte diese Maßnahme vorgeschlagen. Die Kanzlerin gab zu Bedenken, man solle zunächst die aktuellen Ziele einhalten, die man sich selbst gesetzt habe. In dem Zusammenhang erwarte sie den verstärkten Einsatz von Elektro-Autos. (ag)