DÜSSELDORF. Die Sicherheitsbehörden haben im Fall Anis Amri eine weitere Ermittlungspanne eingeräumt. Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) übersahen Mitarbeiter des Landeskriminalamts (LKA) auf einem in Berlin sichergestellten Mobiltelefon des Terroristen mehrere Fotos. Sie zeigten Amri unter anderem mit einer Schußwaffe, verschiedenen Stichwaffen und Pfefferspray. Die Ermittler in Nordrhein-Westfalen erfuhren davon erst durch einen Hinweis von ihren Kollegen vom LKA Berlin, wie Reul bestätigte.
Das Handy war bereits am 18. Februar 2016, etwa zehn Monate vor dem Anschlag, von Fahndern bei einer Kontrolle Amris beschlagnahmt worden, weil er unter dem Verdacht stand, mit Drogen zu handeln. Elf Tage später seien dann „über 12.000 Mediendateien“ zur Auswertung an das LKA Düsseldorf geschickt worden.
„Das Waffen-Foto fiel dort bei der Auswertung offenbar durchs Raster“, heißt es in einer Mitteilung der Staatskanzlei. Erst durch einen Hinweis aus Berlin seien die Bilder nun entdeckt worden. Die Überprüfung der Handydateien fand demnach lediglich durch ein automatisiertes Programm statt, das die Waffen nicht erkannte.
LKA will Standards zur Datenauswertung überprüfen
„Ich habe den Vorsitzenden des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Fall Amri darüber bereits informiert“, sagte Innenminister Reul am Montag. „Die neue Landesregierung setzt sich für die umfassende Aufklärung des schrecklichen Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt ein – unabhängig von Wahlterminen.“ Man werde die Standards zur Auswertung großer Datenmengen beim LKA auf den Prüfstand stellen, versicherte der Minister.
Zuvor waren etliche weitere Pannen bei der Überwachung des Islamisten Anis Amri bekannt geworden. Der Terrorist hatte im Dezember vergangenen Jahres bei einem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin mit einem LKW zwölf Menschen umgebracht und fast hundert weitere verletzt. Auf der Flucht wurde der Attentäter wenige Tage später in Mailand erschossen. (ha)