BERLIN. Die Bundestagsverwaltung wußte nach Angaben eines Zeugen bereits seit 2004, daß der SPD-Politiker Sebastian Edathy Nacktbilder von Kindern besitzt. Ein IT-Experte sagte dem Focus, er habe als externer Dienstleister bei einer Datensicherung 20 Bilder von nackten indischen oder thailändischen Jungen auf Edathy Festplatte entdeckt. Sein Vorgesetzter gab danach an, die Informationen an den Bundestag übermittelt zu haben.
Der Bundestag wollte sich gegenüber der JUNGEN FREIHEIT wegen der laufenden Ermittlungen gegen Edathy nicht zu den Vorgängen äußern. Unterdessen mehren sich Hinweise, daß die Ermittlungen durch das Bundeskriminalamt vernachlässigt wurden. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung verzichteten zwei Beamte des Staatsschutzes Ende 2012 ohne erkennbaren Grund darauf, Spuren nachzugehen, wonach Edathy Kunde eines kanadischen Internethändlers war, der unter anderem Kinderpornographie verkaufte.
Immer mehr Ungereimtheiten
Sollten die Informationen stimmen, hätte die Bundesregierung Ende März dieses Jahres gelogen als sie mitteilte, daß die Beamten lediglich Vorgangsnummer und einen kurzen Betreff in der BKA-Datenbank sehen konnten. Die beiden Staatsschützer verfügten über eine Sondergenehmigung, die ganze Akte einzusehen.
BKA-Chef Jörg Ziercke war im Zuge der Edathy-Affäre in den vergangenen Wochen viermal vom Innenausschuß des Bundestags angehört worden. Nach einer dieser Sitzungen soll der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach, der die schleppenden Ermittlungen immer wieder kritisiert hatte, von eigenen Parteifreunden unter Druck gesetzt worden sein, weniger kritische Nachfragen zu stellen. Bosbach wollte sich dazu nicht äußern.
Die Opposition drängt derweil auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Fall Edathy. Linkspartei und Grüne forderten die Aufklärung der Ungereimtheiten. „Es gibt bestimmte Fragen, die wir nur über einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß geklärt bekommen, weil dann auch die Strafprozeßordnung gilt. Deshalb müssen wir es machen“, sagte der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi. (ho)