Johannes Ponader tobt. „Nach monatelanger Blockade in 32 Minuten Dienstag morgens ad hoc eine Wahlcomputerentscheidung durchpeitschen. Sprachlos. Democracy anyone?“, schreibt der politische Geschäftsführer via Twitter. Ziel seiner Entrüstung ist nicht etwa der politische Gegner, dem Ponader mal wieder mangelnde Transparenz vorwerfen kann, sondern der eigene Bundesvorstand.
Der ist die Debatte um die Parteiführung und den Dauerstreit mit Ponader offenbar leid. Auf dem kommenden Parteitag, so der Plan von Parteichef Bernd Schlömer, sollen die Mitglieder über jedes Bundesvorstandsmitglied abstimmen. Wem das Mißtrauen ausgesprochen wird, ist innerhalb der Parteispitze vorerst erledigt. Klar ist, mit diesem geschickten Manöver will Schlömer den Quertreiber Ponader absägen.
Daß die beiden keine Freunde mehr werden, ist seit Monaten klar. Zuletzt beschimpften sie sich ganz offen. „Ich fühle mich unter Druck gesetzt, moralisch erpreßt von dir, Johannes“, sagt Schlömer. Ponader kontert und spricht von Intrigen gegen sich. „Die letzten 45 Minuten haben der Partei geschadet“, stellt Schlömer am Ende des Schlagabtauschs resigniert fest. Diese Erkenntnis kommt vor allem eines: zu spät.
SMS-Eklat zwischen Lauer und Ponander
Wenig später veröffentlich Ponader ohne Absprache einen SMS-Wechsel zwischen ihm und dem Fraktionsvorsitzenden der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus, Christopher Lauer. „Lieber Johannes“, soll Lauer geschrieben haben, „wenn du bis morgen 12.00 nicht zurückgetreten bist, knallt es ganz gewaltig“. Er sehe es sich nicht länger an, wie der Geschäftsführer die Partei gegen die Wand fahre. Als Ponader ein Gespräch anbietet, legt Lauer nach: „Alter, wie verstrahlt bist du denn?“ Mit dem „morgen 12:00“ war der 7. Februar gemeint.
Ponader ist immer noch im Amt und kämpft nicht nur um seine politische Existenz. Ohne die Piraten rutscht er, der trotz ausgezeichnetem Schulabschluß keine feste Arbeit vorweisen kann, in die Bedeutungslosigkeit, aus der er im vergangenen Jahr überraschend in die Parteispitze gewählt wurde. Als sandalentragender Stammgast in Talkshows hatte der Geschäftsführer zweifelhafte Bekanntheit erlangt und ließ all das vermissen, was seine Vorgängerin Marina Weisband auszeichnete: Seriosität, Charisma und Humor.
Offene Grabenkämpfe
Das wurde auch der Piratenführung schnell klar. Sie erteilte Ponader ein mehr oder weniger deutliches Auftrittsverbot. Die Gräben konnten damit allerdings nicht mehr geschlossen werden. Bundesvorstandsmitglied Matthias Schrade warf genervt hin. Ponader erkannte die Zeichen der Zeit nicht und sprach offen davon, daß der Einzug in den Bundestag nicht oberste Priorität habe. Für viele Piraten einfach undenkbar.
„Einige haben gerade den Selbstzerstörungsknopf für die Partei gefunden“, schreibt ein Ponader-Unterstützer nach der Ankündigung zur Abstimmung über den Bundesvorstand. Ob dieser Knopf wirklich funktioniert, darf bezweifelt werden. Ponader hat ihn die vergangenen Monate schließlich oft genug gedrückt.
JF 8/13