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Marc Jongen, ESN Fraktion
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Parteien: Die grüne Gefahr

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Parteien
 

Die grüne Gefahr

Die gutmeinenden Tyrannen sind die gefährlichsten. Sie wollen nur unser Bestes, und weil wir zu unerleuchtet sind, um das zu begreifen, nehmen sie sich das Recht heraus, uns zu unserem Glück zu zwingen. Forsa-Chef Manfred Güllner hat einigen Wirbel verursacht mit seiner These, die „grüne Diktatur“ gefährde „die Demokratie in Deutschland“.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

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Grüne Mamba: Gefährdet eine „grüne Diktatur“ unser Gemeinwesen? Foto: Pixelio/Bernhard Flack

Die gutmeinenden Tyrannen sind die gefährlichsten. Sie wollen ja nur unser Bestes, und weil wir zu unerleuchtet sind, um das zu begreifen, nehmen sie sich das Recht heraus, uns zu unserem Glück zu zwingen. Nicht zufällig gab sich die erste totalitäre Diktatur der Neuzeit, die der Jakobiner im revolutionären Frankreich, den scheinbar harmlosen Namen „Wohlfahrtsausschuß“.

Die Jakobiner unserer Tage schützen das Klima, die Umwelt, den Weltfrieden und das gesunde Essen, sie werfen sich als moralische Vorkämpfer von Geschlechter-, Bildungs- und Migrantengerechtigkeit in Pose – und haben auf leisen Sohlen Staat und Gesellschaft nach ihren Bedürfnissen gründlich umgekrempelt.

Ein politischer Einfluß über dem realen Stimmengewicht

Manfred Güllner, Gründer und Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, hat einigen Wirbel verursacht mit seiner These, die „grüne Diktatur“ gefährde „den zweiten Versuch, die Demokratie in Deutschland dauerhaft zu etablieren“: Eine Besserverdiener-Klientel- und Generationenpartei der saturierten Alt-Bundesrepublik – der typische Grünen-Wähler ist eine in Baden-Württemberg lebende Frau mittleren Alters mit höherem Bildungsabschluß, vorzugsweise im öffentlichen Dienst beschäftigt –, die dank ihrer zahlreichen Unterstützer in Massenmedien, Wissenschafts- und Bildungsbetrieb einen politischen Einfluß ausübt, der weit über ihr reales Stimmengewicht bei Wahlen hinausgeht, weil sie mit ihren ideologischen Themen die Meinungshegemonie im öffentlichen Diskurs erobert hat und andere Parteien und gesellschaftliche Institutionen zum vorauseilenden Ergrünen nötigt – das trifft ins Schwarze.

Die Auswirkungen der Öko-Tyrannei vermag jeder am eigenen Leib und Geldbeutel zu verspüren. Politik in Deutschland besteht inzwischen vor allem aus Eingriffen in Freiheits- und Eigentumsrechte im Namen vorgeblich höherer Ziele – eine Erziehungsdiktatur, die mit Vorschriften, Verboten und Strafsteuern Bürger und Unternehmen gängelt und abkassiert und Sünder, Ketzer und Ungläubige munter an den moralischen Pranger stellt.

Zwang zu ökologisch korrekten Produkten nur eine Seite der Medallie

Wer je beim Elternabend im Kindergarten angeschnauzt wurde, weil er die Kleinen nicht bei jedem Wetter korrekt mit dem Fahrrad abliefert und das Gemüse fürs pädagogisch wertvolle Frühstück beim Discounter kauft und nicht im Bio-Laden, der weiß: Hier sind Überzeugungstäter am Werk, die von der Mission erfüllt sind, den eigenen, absolut gesetzten und einzig wahren Lebensstil und Wertekanon bei jeder Gelegenheit den anderen aufzuzwingen.

Der Tugendterror aus dem juste milieu der Bionade-Spießer ist freilich nur die eine Seite der Medaille. Daß wir auf einmütiges Geheiß von oben Blechdosen und Plastikflaschen sinnlos zum Pfandautomaten spazierenfahren, dafür dem „Klima“ zuliebe ineffektiven Biosprit tanken und des „Feinstaubs“ wegen Tempo 30 fahren sollen, unsere Häuser mit brandgefährlichem „wärmedämmendem“ Sondermüll bekleben, immer mehr Geld für immer schlechtere Energieversorgung zahlen und bei alledem die Taschen der Subventionsprofiteure aus der grünen Klientel mit zweistelligen Milliardenbeträgen füllen, schafft Verdruß, berührt aber noch nicht die Grundfesten des Gemeinwesens. Die „Zwangsernährung mit ökologisch korrekten Produkten“, als die der Ökonom Carl Christian von Weizsäcker die aufziehende „Ökodiktatur“ umschreibt, ist nur ein Teil der Geschichte.

Politisches Sinnvakuum eines Staates ohne Räson

Die „Umkrempelung“ von Staat und Gesellschaft, die Manfred Güllner als Folge des Siegeszugs der Grünen konstatiert, erstreckt sich nämlich nicht nur auf das Ökonomische, von Atomausstieg bis Zwangs-Windradsubvention. Die grüne Bewegung stößt seit den ausgehenden Siebzigern in das politische Sinnvakuum eines Staats ohne Räson, der sich in erster Linie als Wirtschafts- und Wohlstandsorganisator verstand und von dem seine Bürger auch nichts anderes erwarten.

Die Funktionseliten der Bundesrepublik wurden in die Zange genommen vom unbedingten Willen der Grünen zur Systemveränderung und der stetig ansteigenden publizistischen Schützenhilfe aus den Redaktionen der Massenmedien – 27 Prozent der Politikjournalisten in Deutschland stehen jüngsten Erhebungen zufolge den Grünen nahe, 15,5 Prozent der SPD und nur neun Prozent der Union – und aus dem akademischen Betrieb, der die Ideologeme der grünen Neo-Linken bereitwillig mit Studien und theoretischen Begründungen unterfüttert, von der abstrusen Geschlechter-Gleichschaltungstheorie des Gender Mainstreaming bis zum Multikulturalismus.

Eine grüne Einheitspartei übt Diskurshegemonie aus

Das Ergebnis: In Deutschland regiert eine grüne Einheitspartei, deren unterschiedliche Ausformungen sich nur noch in Nuancen von den ursprünglichen grünen Antreibern unterscheiden. Die Gefahr für die Demokratie besteht nicht nur darin, wie Güllner meint, daß eine Mehrheit der Bürger sich nicht mehr vertreten fühlt und ins Nichtwählerlager flüchtet. Die Grundlagen des demokratischen Nationalstaats selbst sind ausgehöhlt – durch falsche Einwanderungspolitik, durch Deformation und Unterminierung von Familie und Schulsystem.

Die Diskurshegemonie der grünlinken Ideologie und das dichtgewebte Netzwerk von Seilschaften und Institutionen, das diese Hegemonie absichert, ist ein wesentlicher Grund dafür, daß in Deutschland die Formierung politischer und publizistischer Alternativen zum herrschenden Mainstream schwerer fällt als in anderen Ländern. Der Weg zur Brechung der grünen Definitionsvormacht führt über die scharfe Konfrontation der Brüche und Widersprüche ihrer Ideologie mit der Wirklichkeit. Der Oppositionelle unserer Tage ist Ketzer und Aufklärer zugleich, der den Mut hat, sich gegen die aus allen Lautsprechern verkündeten Geglaubtheiten seiner Vernunft und seines eigenen Verstandes zu bedienen.

JF 41/12

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