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Linkspartei: Das linke Mediennetzwerk

Linkspartei: Das linke Mediennetzwerk

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Linkspartei
 

Das linke Mediennetzwerk

Keine Partei verfügt über ein derartiges publizistisches Vorfeld wie die Linkspartei. Doch viele Periodika wären ohne die Hilfe des Steuerzahlers nicht überlebensfähig. Eine Bestandsaufnahme der JUNGEN FREIHEIT.
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Linkes Mediennetzwerk: Eine unüberschaubare Publikationstätigkeit Grafik: JF

Hubert Protzel ist sauer. Der Kreisvorsitzende der Linkspartei im Erzgebirge ärgert sich über seine Parteigenossen in Berlin – und vor allem über die von ihm verachtete „bürgerliche Presse“. Schließlich schlachte diese parteiinternen Streit immer „zu unseren Ungunsten aus“. Zum Glück für Protzel gibt es die parteieigene Kampfpresse: „Nur gut, daß wir im ND einiges objektiver nachlesen können.“

ND – diese Abkürzung gehört zum Parteikauderwelsch, seit die SED um 1970 den Gedanken an die Einheit der Nation beerdigt hat. Das Neue Deutschland ist nach der Zwangsfusion von SPD und KPD aus den jeweiligen Parteizeitungen entstanden. Die Startauflage betrug 1946 400.000 Exemplare, heute sind es noch 44.845, von denen 37.781 verkauft werden.

Öffnung des Neuen Deutschlands nur nach linksaußen

Damit zählt das ND zu den kleinen, aber gerade noch lebensfähigen überregionalen Tageszeitungen, wobei der Schwerpunkt des ND eindeutig in Mitteldeutschland liegt. Die Zeitung ist nur noch zur Hälfte in Parteibesitz, die andere Hälfte gehört einer Genossenschaft – ähnlich wie bei der taz.

Angesichts der 50-Prozent-Beteiligung der Linken und der Geschichte als SED-Zentralorgan ist das ND nach wie vor ein Parteiorgan. Eine inhaltliche Öffnung, die nicht zuletzt von dem aus Bremerhaven stammenden Chefredakteur Jürgen Reents vorangetrieben wird, gibt es zwar, aber nur hin zu noch linkeren Gruppen bis hinein ins autonome Spektrum.

Karriere eines FDJ-Blattes

Nicht alle Linken schwören auf das ND. Die zweite Leib- und Magenzeitung der Genossen ist die Junge Welt (JW), jenes frühere Zentralorgan der mit der DDR untergegangenen Freien Deutschen Jugend (FDJ). In der DDR  war sie zeitweise die meistgelesene Zeitung, auflagenstärker gar als das Konkurrenzblatt ND.

Die JW hat die Wende und eine Abspaltung in der Nachwendezeit überlebt und erscheint unbeeinträchtigt weiter als Tageszeitung. Die heutige Auflagenstärke ist unbekannt, wird vom Verlag mit 17.000 angegeben. Auch der Chefredakteur der JW ist ein Westdeutscher. Arnold Schölzel (alias IM André Holzer) stammt aus Bremen und ist 1970 freiwillig in die DDR gezogen.

Die Junge Welt befindet sich im Besitz einer Genossenschaft mit über 1.000 Mitgliedern – ebenfalls nach dem Modell der taz. Trotzdem ist sie so eng mit der Linkspartei verbunden, als gehörte sie noch heute zu 100 Prozent zu Honeckers Presseimperium. Die Bundestagsfraktion inseriert permanent auf den Internetseiten der Zeitung, die wiederum ständig mit den Seiten der Linkspartei verlinkt ist.

Konkurrenzkampf zwischen „Junge Welt“ und „ND“

Für Anita Friedetzky ist die Junge Welt die Alternative zum ND, das Teilen der Partei zu brav oder zu spießig erscheint. Die Kommunalpolitikerin der Linkspartei aus Hamburg-Altona meint: „Das ist die einzige Zeitung, die ich noch lesen kann.“

Für Außenstehende mag die Konkurrenz zwischen den beiden linken Zeitungen wie der Kampf zwischen Geha- und Pelikanfüllern wirken – bezogen auf die Linkspartei spiegeln sie jedoch die beiden wichtigsten Strömungen wider: Was bei den Grünen Realos und Fundis sind, das sind ND– und JW-Leser in der Linken. Die alljährliche Rosa-Luxemburg-Konferenz, auf der sich der äußerste linke Rand trifft, wird von der JW organisiert.

Darüber hinaus gibt es aber eine Vielzahl von Publikationen, die mehr oder minder direkt der Linkspartei zuzuordnen sind. Sie zeigen einen in dieser Art einzigartigen Facettenreichtum. Keine andere deutsche Partei verfügt über eine so mannigfaltige Presselandschaft.

Da sind zum Beispiel die Wochenzeitungen Jungle World und Freitag. Die Jungle World hat sich vor 14 Jahren von der Jungen Welt abgespalten und versteht sich als antideutsch und antiimperialistisch. Auch der Freitag hat sich weiterentwickelt, ist 1990 aus der Konkursmasse des Ost-Berliner Sonntag und der westdeutschen, jedoch vom Osten als DKP-Blatt finanzierten Volkszeitung entstanden. Seit der Verlegersohn Jakob Augstein die Wochenzeitung 2008 übernommen hat, ist sie nicht mehr so einseitig auf das Parteileben fixiert.

Veröffentlichung mit öffentlichen Steuergeldern

Näher an der Partei sind da schon Zeitschriften wie die Antifaschistischen Nachrichten oder die Monatszeitung Sozialismus, die beide Wurzeln im Westen haben, nicht selten im dortigen K-Gruppengeflecht. Beide Zeitungen werden von prominenten Parteimitgliedern (mit-)herausgegeben, gehören damit zum weiteren publizistischen Umfeld der Partei. Sozialismus, die eine wichtige Brückenfunktion ins westdeutsche Gewerkschaftslager erfüllt, bittet um Spenden – verbunden mit dem Hinweis, „keine linke Zeitschrift kann allein vom Verkauf der Exemplare existieren“.

Weil das so ist, gibt die Partei gleich mehrere Zeitschriften selbst heraus – und zwar nicht selten mit Steuergeldern. So veröffentlicht die Bundestagsfraktion der Linken neben diversen Infoblättern, Heften und sogar Comics zwei Zeitschriften, die wenig bekannt sind, dafür aber um so teurer: das Magazin Clara und die Boulevard-Zeitung Klar.

Ingesamt soll die Partei 2009 1,9  Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben haben. Im gleichen Zeitraum hat die aus Steuermitteln finanzierte Rosa-Luxemburg-Stiftung weitere rund 508.000 Euro für Veröffentlichungen ausgegeben. Die Linke hat auch ein Mitgliedermagazin namens Disput, über das aber viele in der Partei die Nase rümpfen: Wie es heißt, erreicht Disput nur jedes zehnte Parteimitglied.

Daneben gibt es rund vierzig mehr oder minder offizielle Arbeitskreise innerhalb der Partei, die wieder ihre eigenen Zeitungen haben, beispielsweise den „Bundesarbeitskreis Rechtsextremismus“, der sowohl eine gedruckte vierteljährliche Zeitschrift namens Rundbrief als auch einen monatlichen Newsletter herausgibt.

Internetseiten geben Einblick in Parteiseele

Die Zahl der Onlinepublikationen ist noch schwerer zu erfassen als die der gedruckten Zeitschriften. Drei Webseiten stechen besonders hervor: linkeblogs.de, linksnet.de und lafontaines-linke.de. Die beiden letztgenannten geben einen Einblick in das Seelenleben der Partei. Viele Journalisten aus der „bürgerlichen Presse“ informieren sich dort. Linksnet.de ist ein Kooperationsprojekt von vierzig linken Zeitschriften, das wiederum von der Rosa-Luxemburg-Stiftung gefördert wird.

Manche rote Parteigenossen berauschen sich an der Vorstellung, daß die gesamte Parteipresse inklusive aller lokalen Angebote angeblich auf eine Gesamtauflage von einer Million Exemplare kommt. Das mag übertrieben sein angesichts der vergleichsweise mickrigen Auflagenzahlen der beiden wichtigsten Organe Junge Welt und Neues Deutschland. Trotzdem: Es gibt eine beeindruckende Vielfalt an Publikationen, von denen die meisten allerdings sehr schnell wie ein Kartenhaus zusammenfallen würden, wenn es die Unterstützung durch Steuergelder und Fraktionsmittel nicht mehr gäbe.

(JF 03/11)

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