BERLIN. Der FDP-Politiker Burkhard Hirsch hat Zweifel daran geäußert, daß Horst Köhler bei seinem Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten seine wahren Beweggründe genannt hat. Der angegebene Anlaß und Köhlers Reaktion seien nicht kompatibel, sagte der ehemalige Bundestagsvizepräsident in einem Interview mit der Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT.
Er habe sich gefragt, ob Köhler bei den schwerwiegenden Auseinandersetzungen um den Euro in vernünftiger Weise konsultiert worden sei, oder ob er bewußt in eine „friß, Vogel, oder stirb“-Lage gedrängt wurde. „Das sollte und wird sicherlich noch aufgeklärt werden“, forderte der frühere nordrhein-westfälische Innenminister.
Hirsch hätte sich Lammert als Kandidat gewünscht
Verwundert zeigte sich Hirsch auch darüber, daß die Öffentlichkeit so heftig auf Köhlers Afghanistan-Äußerungen reagierte, ein Papier der Unions-Bundestagsfraktion vom 5. Mai 2008, das in dieser Frage noch viel weiter gehe, jedoch völlig unbemerkt bleibe. „Es wäre jetzt der Zeitpunkt, daß die CDU/CSU-Fraktion einmal klarstellt, was sie mit diesem Papier eigentlich tatsächlich gemeint hat“, kritisierte Hirsch.
Wichtig sei nun, daß der neue Bundespräsident das Vertrauen möglichst vieler politischer Kräfte genieße und daß er die Gabe habe, wirklich zu den Bürgern sprechen zu können, sagte Hirsch, der sich Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) als Kandidat für das Amt des Staatsoberhauptes gewünscht hätte. Ein Bundespräsident, der sich zum Mann einer bestimmten Partei machen lasse, werde jedenfalls in seinem Amt scheitern, warnte der FDP-Politiker. (JF)
Das vollständige Interview mit Burkhard Hirsch ist in der Ausgabe 24/10 der JUNGEN FREIHEIT erschienen.