BERLIN/MOSKAU. Deutschland hat Rußland vorgeworfen, Hunger als Waffe gegen die Welt einzusetzen. Die Bundesregierung fordert den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, den Export von Getreide aus der Ukraine über das Getreideabkommen weiterhin zu ermöglichen. Er solle „eine weitere Verlängerung des Getreideabkommens möglich machen und diese Auseinandersetzung nicht auf dem Rücken der Ärmsten dieses Planeten austragen“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag in Berlin.
Moskau hatte das Getreideabkommen mit der Ukraine vorerst für beendet erklärt. Am Montag um 23 Uhr läuft die bisherige Vereinbarung offiziell aus. Sobald Rußlands Forderungen erfüllt seien, würden sie die Vereinbarung wieder einhalten, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Im Gegenzug sollen die bestehenden Wirtschaftssanktionen für Dünge- und Lebensmittelexporte gelockert werden.
„Es muß ein Ende haben, daß Hunger als Waffe eingesetzt wird“, kritisierte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) das russische Vorgehen. Putin nehme „die Ärmsten der Armen auf dieser Welt in Geiselhaft für seine grauenhafte Kriegstreiberei“.
Röttgen: Putin nimmt hungernde Menschen als Geisel
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen monierte am Montag im Deutschlandfunk: „Das ist das Verhaltensmuster von Erpressern, und da er ein Erpresser ist, glaube ich, wird er sich verhalten wie ein Erpresser.“ Putin geht es laut dem Christdemokraten um ein Lösegeld: „Er nimmt die hungernden Menschen in Afrika als Geisel, um von dem Westen ein politisches Lösegeld zu erpressen.“ Der Rechtsanwalt bezeichnete Putin als „Verbrecher“, mit dem man nicht über Lösegeld verhandeln solle.
#Putin nimmt die hungernden Menschen in Afrika als Geisel, um vom Westen ein politisches Lösegeld zu erpressen. Darum geht es bei der Blockade des #Getreideabkommens. Es wiederholt sich die Erpressung, die er schon letztes Jahr unternommen hat.https://t.co/lT4mJvsPab
— Norbert Röttgen (@n_roettgen) July 17, 2023
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sagte trotz angekündigtem Stopp des Abkommens: „Ich denke, daß der russische Präsident Putin trotz der heutigen Mitteilung für eine Fortsetzung dieser humanitären Brücke ist.“ Er kündigte Gespräche mit dem Regierungschef an.
Das Abkommen läuft seit Juli 2022 und regelt trotz Kriegszustands den Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer. Nur durch diesen Deal konnte die Ukraine als einer der wichtigsten Getreideproduzenten der Welt seit August 2022 rund 33 Millionen Tonnen Getreide exportieren. Von dem Abkommen profitierten vor allem Entwicklungsländer wie in Afrika, denen sonst Hungersnöte gedroht hätten. Das Abkommen ließ die weltweiten Preise für Getreide wieder deutlich sinken. (ca)