Die Betroffenheit in Großbritannien über den Fall Sasha Johnson ist groß. Die 27jährige Schwarze wurde in der Nacht zum Sonntag in Süd-London angeschossen und liegt mit einer lebensbedrohlichen Kopfverletzung im Krankenhaus. Johnson war während der „Black Lives Matter“ Proteste in Großbritannien bekannt geworden. So organisierte sie die Demonstration mit dem Titel „Million People March“ (an der jedoch nur etwa 400 Personen teilnahmen). Sie soll Drohungen wegen ihres politischen Engagements erhalten haben.
Schnell war man dabei, den Schuß auf sie als politisches Attentat zu deuten. Diane Abbott, schwarze Labour-Politikerin vom linken Rand der Partei und frühere Schatteninnenministerin, schrieb am Montag auf Twitter: „Die schwarze Aktivistin Sasha Johnson ist im Krankenhaus in einem kritischen Zustand nach einer Schußverletzung am Kopf. Niemand sollte potentiell mit seinem Leben bezahlen, weil sie für Rassen-Gerechtigkeit eintraten. #BlackLivesMatter“
Black activist #SashaJohnson in hospital in critical condition after sustaining a gunshot wound to the head. Nobody should have to potentially pay with their life because they stood up for racial justice #BlackLivesMatter pic.twitter.com/AlE4ELXiFl
— Diane Abbott MP (@HackneyAbbott) May 24, 2021
Allerdings stellt sich nun heraus, daß Johnson wohl nicht ein politisches Opfer, sondern eher das Opfer eines Krieges zwischen rivalisierenden Banden wurde. Sie wurde um drei Uhr morgens getroffen, als sie bei einer Party mit 20 bis 40 vorwiegend schwarzen Personen im Londoner Stadtteil Peckham vor einem Haus stand. Berichte, daß es eine „Drive by“-Schießerei war, stellten sich als falsch heraus. Der oder die Täter kamen über eine kleine Straße und gaben einen einzigen Schuß ab, der Johnson traf. Scotland Yard vermutet, daß eine andere Person auf der Party das eigentliche Ziel war. Johnson wurde wohl versehentlich getroffen.
Johnson will Partei für Schwarze gründen
Die Theorie, daß sie Opfer eines politischen Attentats wurde, hält die Polizei für nicht korrekt. Selbst Johnsons Freunde vermuten Bandenkriminalität als Grund für die Tat. In der Gegend in Süd-London sind Angriffe zwischen rivalisierenden Drogenbanden nicht ungewöhnlich.
In den britischen und internationalen Medien hat der Fall viel Aufmerksamkeit erregt. Johnson, Mutter zweier kleiner Kinder und Absolventin der Brookes Universität in Oxford, wo sie ein kleines Café mit Waren aus Jamaika betreibt, wird vorwiegend als mutige Kämpferin gegen „Rassen-Ungerechtigkeit“ dargestellt. Die junge Frau trat meist in schwarzer, militärisch wirkender Kleidung auf und trug manchmal schußsichere Westen. Beim „Million People March“ kündigte sie die Gründung der ersten rein schwarzen Partei in Großbritannien mit dem Namen TTIP (Taking the Initiative Party) an.
„Der weiße Mann wird unser Sklave sein“
Daß Johnson auch einen linksextremistischen Hintergrund hat, wird in Medienberichten meist unter den Teppich gekehrt. Sie war eine frühe Kämpferin der „Black Panther of Oxford“, die sich an der militanten sozialistischen US-Partei von Schwarzen während der sechziger und siebziger Jahre orientierte. Bei Demonstrationen rief sie Slogans wie „no justice, no peace“, „take it to the streets, fuck the police, black power“ und „one solution, revolution“. An ihrer Ledermütze trug sie nicht nur Sticker mit schwarzen Fäusten, sondern auch Palästinenser-Flaggen.
Ihr Twitter-Account wurde gesperrt, nachdem die vermeintliche Kämpferin für Rassen-Gleichheit dort 2020 schrieb: „The white man will not be our equal but our slave. History is changing. No justice, no peace #BLM.” („Der weiße Mann wird uns nicht ebenbürtig sein, sondern unser Sklave. Die Geschichte ändert sich. Keine Gerechtigkeit, kein Friede. #BLM”).
Die Organisation „Black Lives Matter UK“ würdigte sie nach ihrer Verletzung in einem Statement als „junge Mutter und furchtlose politische Kampagnenbetreiberin“.