ROM. Italiens Regierung pocht auch nach den von der EU in Aussicht gestellten Milliardenhilfen auf gemeinsame Corona-Anleihen. Bei solchen Euro- oder Corona-Bonds würden alle Eurostaaten haften, die Schulden würden somit vergemeinschaftet. Die EU-Finanzminister hatten sich kurz vor Ostern auf ein Hilfspaket geeinigt, das unter anderem über den Rettungsschirm ESM ausgegeben werden soll.
Italien stehen demnach fast 40 Milliarden Euro zu. Premierminister Giuseppe Conte (parteilos) lehnte dies jedoch ab. Vor allem die Fünf-Sterne-Bewegung, die zusammen mit dem sozialdemokratischen Partito Democratico in Rom regiert, lehnen den ESM seit Jahren ab. Conte kündigte an, sich beim EU-Gipfel am 23. April erneut für Corona-Bonds einzusetzen. Neben Italien befürworten auch Spanien und Frankreich solche Anleihen. Deutschland, Österreich, die Niederlande und Finnland lehnen sie hingegen ab.
Auch Matteo Salvini (Lega) kritisiert den ESM scharf. Es handle sich dabei um „Wucherkredite“, sagte er am Montag in einem regionalen Fernsehsender. „Das ist, wie wenn Sie zum Kredithai gehen.“ Die Italiener wollten keine deutschen oder französischen Gelder, es würde reichen, wenn Italien die Gelder zurückbekäme, die es in die EU eingezahlt habe.
EU-Kommission peilt Wiederaufbaufonds mit 1,5 Billionen Euro an
Unterdessen schloß der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis (Einigkeit), Corona-Bonds als Teil des geplanten Wiederaufbaufonds aus. „Wenn von ‘Corona-Bonds’ oder ‘Euro-Bonds’ die Rede ist, stellen sich verschiedene Leute darunter sehr verschiedene Dinge vor. Wir brauchen erst einmal eine klare Definition, was das überhaupt ist“, sagte Dombrovskis am Montag dem Handelsblatt und ergänzte: „Die EU-Kommission schlägt keine Corona-Bonds vor – und daher definieren wir sie auch nicht.“

Am 24. April sollen die EU-Regierungschefs in einer Videokonferenz über die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise diskutierten. Dabei werde auch der Wiederaufbaufonds auf den Tisch gelegt werden, kündigte der lettische Politiker an. Für das Hilfspaket sei eine Größenordnung von 1,5 Billionen Euro vorstellbar, die genaue Höhe sei aber noch nicht entschieden.
„Wir müssen uns auch klarmachen, daß wir uns in einer beispiellosen Krise befinden. Da wird es nötig, aus alten Denkmustern auszubrechen“, sagte Dombrovskis. Staatsdefizite und Schulden würden in allen Mitgliedstaaten deutlich ansteigen. „Später müssen die Staatsfinanzen natürlich wieder nachhaltig werden. Die Mitgliedstaaten haben dann die Wahl zwischen einer Senkung der Ausgaben und einer Erhöhung der Einnahmen.“ (ls)