Deutschland hat immer noch den Ruf, gern alles genau regeln zu wollen. Da macht der Fußballbundesligist Werder Bremen keine Ausnahme. Der Nordverein gibt nun den Besuchern seines Weserstadions Nachhilfe, was als „sexualisierte Grenzüberschreitung“ definiert wird.
Am Dienstag wandte sich der Tabellen-Achte der Ersten Liga via Twitter an seine Anhänger und präsentierte eine entsprechende Auflistung, die laut eigener Aussage „im Grundsatz von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes übernommen und lediglich in den Formulierungen an den Stadionalltag angepaßt“ worden ist.
Daß physische Übergriffe von unerlaubten Küssen bis hin zu sexueller Nötigung und Vergewaltigung geahndet werden, bedarf keiner Erklärung, ist selbstverständlich und durch Gesetze geregelt. Aber bei den Kategorien verbaler und non-verbaler Grenzüberschreitungen stellt sich die Frage, ob die Verantwortlichen des Leitfadens mal ein Fußballspiel im Stadion verfolgt haben?
Werder Bremen: Fans sollen Meldung machen
„Sexuell anzügliche Bemerkungen und Witze, beleidigende Kommentare über Kleidung, das Aussehen und das Privatleben“ sind auf den Rängen und in den Fankurven nicht ungewöhnlich. Insbesondere das Infragestellen der Heterosexualität gegnerischer Fans und Spieler ist gerade bei rivalisierenden Anhängerschaften keine Seltenheit. Wird das konsequent geahndet, gibt es bald wieder Geisterspiele.
✋ Was definieren wir als grenzüberschreitend?#Werder hat in den letzten Monaten eine „Arbeitsdefinition sexualisierter Gewalt“ erstellt. Auf ihrer Grundlage werden die verschiedenen Formen sex. Grenzüberschreitungen eingeordnet und sanktioniert.
➡️ https://t.co/wXtquMbe8R pic.twitter.com/HT03wgmeMP
— SV Werder Bremen (@werderbremen) February 7, 2023
Wie auch in der eigenen Fankurve „aufdringliches Starren oder anzügliche Blicke“ als solche einwandfrei bewertet und geahndet werden sollen, dürfte in der Realität interessant werden. Auf der Homepage von Werder Bremen werden „alle aufmerksamen Fans“ gebeten, auch anonym Meldung zu machen, oder „in akuten Bedrohungslagen Angestellte unseres Ordnungsdienstes anzusprechen“.
Werder Bremen ist nicht allein
Also künftig starr den Blick aufs Spielfeld oder den Boden richten, um nicht aus dem Stadion zu fliegen? Unter dem Tweet von Werder Bremen dominiert jedenfalls die Zustimmung für die Marschrichtung; und der Wunsch, weitere Bundesligisten mögen sich dem anschließen.
Dabei gibt es Ähnliches, inklusive „queerem Schutzkonzept“ mit psychosozialem Notfallteam, schon in anderen Bundesländern. Von durchregulierter Safe Space-Atmosphäre zum Paradies für Hobby-Informanten ist es ein kurzer Weg.