GROSSENHAIN. Sein Weltbild hat Risse bekommen. Voller Enthusiasmus glaubte Thomas Proschwitz stets an das Gute im Flüchtling. Der Großenhainer Stadtrat der Linken engagierte sich ehrenamtlich als Arbeitsvermittler, gab Deutschkurse und spendete 1.500 Euro für ein „Haus der Begegnung“, wo Deutsche und Flüchtlinge zusammenkommen können. Und dann das!
Zugegeben, das Fahrrad war kein Wertobjekt, „eher eine alte Klappermühle“, aber Proschwitz ist trotzdem tief enttäuscht. Fast die ganze Stadt hatte er nach seinem gestohlenen Fahrrad abgesucht. Nirgendwo fand er den 14 Jahre alten Drahtesel.
Doch eine, ihm gut vertraute Stelle hatte der beliebte Stadtrat noch nicht angesteuert. „Letztendlich bin ich zum Asylheim auf dem Remonteplatz gekommen und siehe da: Dort stand mein geliebtes Fahrrad“, berichtet Proschwitz der Sächsischen Zeitung.
Doch nur ein „hausgemachtes Problem“
„Ich war immer von der Motivation der Flüchtlinge, Deutsch zu lernen, begeistert“, beteuert Proschwitz und kann kaum glauben, daß die herbeigerufene Polizei noch mehr vermißte Fahrräder entdeckt. Warum das alles? Viele Großenhainer Bürger hatten doch Fahrräder gespendet. „Wenn ich Gast bin, beklaue ich doch nicht meinen Gastgeber“, ist Proschwitz bitter enttäuscht. „Dieselbe Truppe, die jetzt mein Fahrrad gemaust hat, saß im Frühjahr noch in meinem Deutschkurs.“
Aber der Stadtrat der Linkspartei hat ein großes Herz. So ganz will er nicht brechen mit den geflüchteten Menschen. Daß ein paar wenige von ihnen jetzt kriminell werden, sei auch ein hausgemachtes Problem, ist sich Proschwitz sicher und identifiziert unzureichende Integrationsangebote als die eigentliche Ursache. „Die beste Integrationsmaßnahme ist Arbeit“, findet er. „Dann kommen sie nicht auf dumme Ideen.“