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Heimliche Scham

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„Als jemand, der selbst vor 31 Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich. Und das wird Karl-Theodor zu Guttenberg nicht anders gehen“, sagte Annette Schavan in einem Interview gegenüber der Süddeutschen Zeitung (SZ) im März 2011. Die damalige Äußerung der Bundesministerin für Bildung und Forschung (CDU) wird bei dem derzeitigen Plagiatsvorwurf ihr gegenüber zur Belastung. Vielleicht hätte sie Guttenberg (CSU) nicht zu sehr kritisieren dürfen für etwas, was nun auch ihr vorgeworfen wird: Täuschungsabsicht.

Doch sie verteidigte zu Guttenberg auch in diesem Interview. Auf die Frage der (SZ), ob man Guttenberg in zwei Menschen aufteilen könne, zum einen den Wissenschaftler Guttenberg und zu anderen den Politiker Guttenberg, erklärte Schavan: „Nein, das kann man nicht. Wir wissen aber auch, daß dies nicht der erste Fall ist, in dem jemand gute politische Arbeit leistet und zugleich in einem anderen Bereich seines Lebens Schuld auf sich genommen hat. Für einen Minister gilt das Gleiche wie für jeden Menschen: Er hat eine zweite Chance verdient, zumal doch alle wissen, daß er ein großes politisches Talent ist.“ Zu Guttenberg erklärte letztendlich seinen Rücktritt von allen Ämtern und wurde als Verteidigungsminister entlassen. Guttenberg war nicht der einzige Politiker, der seinen Doktortitel aberkannt bekam.

Den Doktorgrad entzogen bekamen auch die Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin (FDP), der Kommunalpolitiker Andreas Kasper (CDU) und der Landtagsabgeordnete in Baden-Württemberg, Matthias Christoph Pröfrock (CDU). Florian Graf (CDU), Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, erkannte, daß ihm schwere Fehler in seiner Doktorarbeit unterlaufen sind und beantragte letztendlich selbst den Entzug seines Doktortitels. Im Gegensatz dazu klagte der FDP-Politiker und Europaabgeordnete Georgios Chatzimarkakis sogar gegen die Aberkennung des Doktortitels und unterlag damit vor dem Verwaltungsgericht Köln. Das Verwaltungsgericht urteilte, die Universität habe zutreffend angenommen, „daß der Kläger eine Täuschung begangen habe. Er habe weite Passagen seiner Dissertation wörtlich aus fremden Werken übernommen, ohne diese eindeutig und entsprechend den Regeln wissenschaftlicher Arbeit zu kennzeichnen“.

Schavan ist kein Opfer

Es ist auffällig, daß es vor allem CDU/CSU und FDP-Politiker sind, die von den Plagiatsjägern entlarvt wurden. Fallen die bürgerlichen Parteien gerne auf Schaumschläger herein? Oder sind die Plagiatsjäger auf dem linken Auge blind? Wobei aber nicht unterschlagen werden darf, daß mit Uwe Brinkmann und Siegfried Haller auch zwei SPD-Mitglieder durch die Plagiatsjäger ihren Doktortitel einbüßten.
 
Annette Schavan sollte im eigenen Interesse nun aufhören, „eisern“ zu schweigen, sondern sich endlich der Diskussion und der Kritik stellen, die seit Mai 2012 auf Schavanplag offen kommuniziert wird. Oft genug hatte sie bisher angekündigt, sich „wehren“ und „kämpfen“ zu wollen. Natürlich kann sie empört darüber sein, daß ihr das 75seitige Gutachten des Prof. Stefan Rohrbacher über ihre Doktorarbeit später als der Presse übermittelt wurde. Doch diese Empörung scheint nur ein Ablenkungsmanöver zu sein. Frau Schavan ist kein Opfer, denn sie konnte bisher und kann immer noch zu allen Vorwürfen Stellung nehmen.
 
Zumindest dient die Weitergabe dieses Gutachtens an die Presse dazu, daß diese wissenschaftliche Meinung zum Plagiatsvorwurf der Öffentlichkeit bekannt wird. Es bleibt spannend, ob es nur „handwerkliche Fehler“ Schavans waren, oder ob wir uns nicht nur heimlich für unsere Bundesministerin für Bildung und Forschung schämen müssen. Die Kanzlerin, die nicht nur Vertrauen, sondern „vollstes Vertrauen“ in Annette Schavan setzt, hat in dieser Sache Recht: „Wir warten einfach die Reaktion der Universität ab.“

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