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Die Republik des Verzichts

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Der Bundestag schlägt den 5. August als Gedenktag vor. In einem letzte Woche im Reichstag (=Gebäude) mit den Stimmen der Koalition verabschiedeten Antrag würdigen CDU/CSU und FDP die „Charta der Heimatvertriebenen“ vom 5. August 1950 als „wesentlichen Meilenstein auf dem Weg zur Integration und Aussöhnung“ und heben die Verdienste der Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten nach dem Zweiten Weltkrieg hervor. Außerdem fordern sie die Bundesregierung auf, den 5. August als möglichen nationalen Gedenktag für die Opfer der Vertreibung zu prüfen.

Wirklich beschlossen ist also noch nichts, jedenfalls kein verbindliches Gesetz. Dennoch ist der Ärger bei der Opposition groß und auch etliche Dutzend Historikerkollegen haben sich in einer öffentlichen Erklärung gegen diesen Beschluß ausgesprochen. Es werde darin zu wenig über die „Ursachen des Krieges“ gesagt.

Natürlich ließe sich auch darüber manches anmerken, vielleicht über das Vorkriegsgeschrei polnischer Regierungskreise nach der Odergrenze, über die Erstmobilmachung der polnischen Streitkräfte im März 1939 (für die bekanntlich nicht einmal Erika Steinbach etwas kann) und über Botschafter, die am Vortag des Kriegsausbruchs siegessicher den polnischen Marsch auf Berlin erwarteten. Auch dies wäre keineswegs erschöpfend und würde doch am Thema vorbeigehen.

Chiffre für die politische Entsorgung eines Problems

Denn eigentlich spiegelt sich in der Charta der Heimatvertriebenen tatsächlich der Geist der Bundesrepublik Deutschland bestens wieder. Er nahm frühzeitig eine Haltung des fraglosen Verzichts ein. Auch diese Charta erwähnt ein heutzutage anstößiges „Recht auf Rache“ nur, um im nächsten Halbsatz darauf zu verzichten und sich mit der Perspektive von wirtschaftlichem Aufbau und europäischer Einheit zu trösten. Es fällt kein Wort der Anklage an Vertreibungsverbrecher, kein Appell an Völkerrechtsnormen und letztlich kommt der Deckel auf das Ganze, denn die „Integration“ der Vertriebenen als vom Bundestag richtig beschriebene Folge dieser Haltung läßt sich nur als Chiffre für die politische Entsorgung des Problems so richtig lesen.

Darin lag keineswegs nur ein (de facto) materieller Verzicht auf den Besitz des deutschen Staates und seiner  Bürger in den Vertreibungsgebieten, sondern ein genereller Verzicht auf die Anwendung völkerrechtlicher Normen in Bezug auf das Kriegsende. Dies hat die Bundesrepublik durchgehend gekennzeichnet, worauf letztlich der Verzicht auf die umfassende Aufarbeitung der Kriegsursachen folgte, konsequenterweise der Verzicht auf einen Friedensvertrag und auch der Verzicht darauf, wenigstens den Verzicht als Verzichtsleistung anerkannt zu bekommen.

So sieht sich die BRD denn heute noch Forderungen auf Reparationsleistungen selbst durch Länder wie Polen ausgesetzt, die seit 1945 im Besitz Billionenschwerer deutscher Werte sind. Fürwahr, die Charta der Heimatvertriebenen stellt einen Meilenstein der Entwicklung hin zu dieser Situation dar.

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