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Corona-Krise: Politischer Mundschutz

Corona-Krise: Politischer Mundschutz

Corona-Krise: Politischer Mundschutz

Pitti
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Pittiplatsch-Figur in Erfurt: Auch in Thüringen gilt Mundschutzpflicht Foto: imago images / Karina Hessland
Corona-Krise
 

Politischer Mundschutz

Lange Zeit predigte die Regierung, Mundschutze seien für gewöhnlich Bürger nutzlos, nun versichern dieselben Politiker, sie könnten doch Infektionsrisiken mindern. Vielleicht will man aber auch nur dem immer lauter murrenden Volk symbolisch vor Augen führen, daß die Krise noch nicht vorbei ist. Ein Kommentar von Michael Paulwitz.
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Nun also doch. Reihum führen die Bundesländer nach und nach für Bürger, die sich noch in der Öffentlichkeit bewegen, eine Pflicht zum Tragen von Mund- oder Atemschutzmasken ein. Auf Bundesebene gilt, derzeit noch, lediglich ein strenges „Gebot“; der eine Landesfürst verlangt Mundschutz nur im ÖPNV, andere auch im Einzelhandel. Auch bei Art und Form besteht keine Einigkeit. Die Botschaft der aktionistischen Anordnungen ist trotzdem die gleiche: Wir tun was und zerbrechen uns unermüdlich den Kopf, natürlich nur zu eurem Besten.

Die Mundschutzpflicht ist ein Politikum; sachliche, gesundheitliche und medizinische Erwägungen kommen offenkundig erst in zweiter Reihe. Lange Zeit predigte die Bundesregierung und ihr getreuer Souffleur, das Robert-Koch-Institut, solche Masken seien für den gewöhnlichen Bürger nutzlos und brächten nichts für die Eindämmung der Pandemie. Es reiche aus, medizinisches Personal und exponierte Helfer damit auszustatten.

Warum, liegt auf der Hand: Die Bundesregierung hatte der Ausbreitung der SARS-CoV-2-Pandemie wochenlang tatenlos zugesehen und die rechtzeitige Beschaffung und Notfallbevorratung von wichtiger Ausrüstung glatt verschlafen. Weil die Produktion dieses medizinischen Verbrauchsartikels bereits weitgehend ins Ausland verlagert war, standen schlicht nicht genug Mund- und Atemschutzmasken im eigenen Land zur Verfügung, die Anordnung einer allgemeinen Tragepflicht wäre also sinnlos gewesen.

Früher wäre billiger gewesen

Inzwischen hat man sich bei den weltweiten Herstellern wieder eindecken können und auch beträchtliche inländische Produktionskapazitäten aufgebaut. Für ein Industrieland vom Format der Bundesrepublik Deutschland eigentlich keine Schwierigkeit, hätte man auch viel früher haben können; jetzt werden die Versäumnisse eben zu höheren Kosten nachgeholt.

Und siehe da, auf einmal versichern uns Experten und Politiker – oftmals dieselben, die sich vor kurzem noch darüber belustigt und die Asiaten, die auch ohne Aufforderung bei Grippegefahr zur Maske greifen, nicht ernstgenommen hatten –, daß das Bedecken von Mund und Nase durchaus Infektionsrisiken vermindern kann.

Was medizinischen Mundschutz wie OP-Masken oder zertifizierte Atemschutzmasken der Standards FFP-2 oder FFP-3 angeht, sprechen einige Fakten durchaus dafür. Die stehen aber immer noch nicht in ausreichenden Mengen für alle zur Verfügung. Also sichern sich einige Länderchefs wie Baden-Württembergs Grüner Winfried Kretschmann schon mal gegen drängelnde Nachfragen der vergatterten Bürger ab: Ein Tuch oder Schal, vor Mund und Nase gehalten, tue es schon auch. Da ist der epidemiologische Nutzen allerdings erheblich fragwürdiger.

Wie in einem Endzeitstreifen

Vielleicht ist aber auch die neuentdeckte Maskenpflicht wieder nur ein Politikum. Jetzt, wo sich die verheerenden ökonomischen Auswirkungen des verspätet und ruckartig verfügten Stillstands abzeichnen – drohende Arbeitsplatzverluste und Pleitewellen, Kneipen- und Gaststättensterben –, wird das Murren im Volk und der Ruf nach Lockerung der strikten Auflagen, von Merkel absolutistisch als „Öffnungsdiskussionsorgien“ abgekanzelt, doch vernehmlicher.

Da kommt es der Politik ganz gut zupaß, die Bürger mit neuen Zwangsmaßnahmen daran zu erinnern, daß die Krise in ihren Augen noch nicht vorbei ist. Wenn immer mehr Leute im Straßenbild herumlaufen wie Überlebende der Apokalypse in einem Endzeitstreifen, wird das dumme Volk schon kapieren, daß es mit einem Ende des Ausnahmezustands, in dem sich die Politik inzwischen recht kommod eingerichtet hat, so schnell nichts werden soll.

Wie heiß das neuerdings Angerührte dann tatsächlich gegessen wird, das wird sich erst noch zeigen. Wer nach den bisherigen Erfahrungen vermutet, daß die Staatsmacht in den orientalischen Problemvierteln der Großstädte eher nicht so strikt durchgreifen und dafür mit umso größerem Eifer rechtstreue Normalbürger ermahnen und schikanieren wird, liegt vermutlich richtig. Den Verdacht der politischen Willkür wird auch das gewiß nicht zerstreuen.

Mundschutz auf, Mund zu

Ist die Pflicht zum Tragen von Mundmasken nun medizinisch oder politisch indiziert? Geschieht alles, was da von Woche zu Woche neu angeordnet wird, nur zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bürger, oder haben die Inhaber der Exekutive in Bund und Ländern nicht doch auch Genugtuung daran, wenn die Untertanen immer neue Vorschriften befolgen müssen und demnächst nur noch mit zugebundenem Mund auf die Straße dürfen?

Die ganze Wahrheit, und ob das Ganze überhaupt etwas gebracht hat, werden wir wohl erst hinterher erfahren. Oder auch gar nicht. Die Zweifel an der Weisheit der Regierenden werden derweil jedenfalls nicht kleiner.

Pittiplatsch-Figur in Erfurt: Auch in Thüringen gilt Mundschutzpflicht Foto: imago images / Karina Hessland
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