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Bernd Zimniok, Demografie, Massenmigration

Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen: Koste es, was es wolle

Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen: Koste es, was es wolle

Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen: Koste es, was es wolle

Dresden
Dresden
Wegen der Corona-Maßnahmen geschlossene Gaststätte in Dresden Foto: imago images / photothek
Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen
 

Koste es, was es wolle

Die Kanzlerin schimpft gerade über „Öffnungsdiskussionsorgien“. Mich wundert, daß so wenige über Verbotsorgien schimpfen. Bei aller ehrlichen und nötigen Sorge vor Corona – die politischen Maßnahmen haben an anderer Stelle dramatische Auswirkungen. Ein Kommentar von Holger Zastrow.
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Es ist leicht, von „Geduld, Zusammenstehen, Solidarität“ und daß man sich mit der „Rückkehr in ein normales Leben Zeit lassen“ müsse zu sprechen, wenn Monat für Monat dein Gehalt weiter auf dem Konto landet und du weißt, daß das so bleiben wird. Wenn du als Selbständiger täglich mehr um deine Existenz bangst oder als Angestellter nur noch 60 Prozent Kurzarbeitergeld nach Hause bringst und nicht weißt, ob es deinen Arbeitsplatz nach Corona noch geben wird, bewertet man die Dinge anders.

Da nahezu alle Entscheider in Politik, Verwaltung und Wissenschaft zur ersten Gruppe gehören, befürchte ich, daß die in Aussicht gestellten Lockerungen zu langsam und zu halbherzig kommen. Ich befürchte, daß man allein schon zur Selbstrechtfertigung blind bei seinem Kurs bleibt und die Kritik an der massiven Einschränkung der Freiheitsrechte, am Umgang mit Zahlen und Statistiken, an der Verhältnismäßigkeit und dem Sinn von Maßnahmen weiter ignoriert. Es ist falsch, Dinge zu verharmlosen. Aber genauso falsch ist es, die Dinge zu überzeichnen und stets von schlimmsten und allerschlimmsten Szenerien auszugehen.

Kaum jemand schimpft über Verbotsorgien

Wir haben in Deutschland eines der leistungsfähigsten Gesundheitssysteme. Unsere Krankenhäuser gehören zu den besten der Welt. Das liegt auch daran, daß die Versicherten, die Unternehmen und der Staat enorme Summen in diese Gesundheitsstrukturen investieren. Deshalb verstehe ich nicht, wieso wir uns bei der Maßnahmenabwägung stets mit Italien oder Amerika vergleichen und damit mit deutlich schlechter aufgestellten Ländern. Es müßte doch eine Art Gute-Vorsorge-Dividende für uns Deutsche geben, die uns nicht ganz so radikale Einschränkungen erlaubt. Aber die gibt es nicht.

Die Kanzlerin schimpft gerade über „Öffnungsdiskussionsorgien“. Mich wundert, daß so wenige über Verbotsorgien schimpfen. Als jemand, der beruflich vor allem im Veranstaltungsbereich, in der Gastronomie und in der Tourismuswirtschaft in einer Grenzregion tätig ist, habe ich seit Wochen quasi Arbeitsverbot – zusätzlich zu Ausgeh-, Kontakt-, Versammlungsverboten usw. und geschlossenen Grenzen.

Natürlich ist das laut Frau Merkel alternativlos. Wieder einmal. Die Verantwortlichen scheinen sich zudem im Wettbewerb, wer denn nun der härteste Hund ist, zu überbieten. Angespornt von Umfragen, die jene zu belohnen scheinen. Verantwortungsbewußt ist das nicht. Denn bei aller ehrlichen und nötigen Sorge vor Corona – die politischen Maßnahmen haben an anderer Stelle dramatische Auswirkungen. Und für viele auch gesundheitliche.

Möglichst viel, möglichst radikal

Mir scheint es, als ob Angela Merkel und die Politik insgesamt wie bei allen Krisen der jüngeren Vergangenheit überzogen reagieren. Genauso war es in der Flüchtlingskrise, wo wir ohne Österreich und die Balkanstaaten in eine noch schwierigere Situation geraten wären. Genauso war es nach Fukushima, als Deutschland, obwohl von der Katastrophe gänzlich unbetroffen, aus der Atomenergie ausstieg. Und so ist es im Umgang mit dem Klimawandel, der Bund und Länder zum überstürzten Ende der Braunkohle treibt.

Das Muster ist immer gleich: möglichst viel, möglichst radikal. Fachliche Expertise nur aus einem Blickwinkel. Dazu eine Portion German Angst und dem wohlstandsverwöhnten Zeitgeist folgen. Und immer stur bei der Linie bleiben, egal wie sich ringsherum die Dinge entwickeln. Koste es, was es wolle. Der Blick auf spätere Risiken und lebenslängliche Nebenwirkungen ist dabei nicht so wichtig.

Apropos Nebenwirkungen und Braunkohle. Eines sollte die Corona-Krise jedem aufzeigen, nämlich wie hochriskant es ist, sich bei wichtigen Produkten wie Medikamenten und Schutzausrüstung von einzelnen Herstellern in China oder anderswo abhängig zu machen. Auch deshalb gehören diese Energiewende und der Braunkohleausstieg noch einmal auf den Prüfstand. Denn ich möchte mir nicht vorstellen, was wäre, wenn wir in Krisenzeiten wie jetzt, wo ja doch jeder zuerst an sich selber denkt, zusätzlich auch noch bei unserer Energieversorgung von anderen und vom Wetter abhängig sind.

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Holger Zastrow war von 1999 bis 2019 Landesvorsitzender der FDP Sachsen sowie von 2011 bis 2013 Bundesvize der Liberalen. Von 2004 bis 2014 führte er die FDP-Fraktion im sächsischen Landtag. Er ist seit 1995 selbständig mit einer Werbe- und PR-Agentur.

Wegen der Corona-Maßnahmen geschlossene Gaststätte in Dresden Foto: imago images / photothek
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