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Steinmeier-Interview: Autisten unter sich

Steinmeier-Interview: Autisten unter sich

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Steinmeier
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Gespräch mit Journalisten Foto: picture alliance/Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa
Steinmeier-Interview
 

Autisten unter sich

Der Vorwurf der Antibürgerlichkeit, den Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gegen die AfD erhebt, trifft auf ganz andere Kreise zu. Dazu gehören realitätsfremde Kirchenführer und Journalisten, die an der sozialen Vernichtung ihrer Gegner arbeiten. Ein Kommentar von Thorsten Hinz.
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Es ist und bleibt ein Elend mit diesem Bundespräsidenten. Da empfängt er zwei Journalisten vom Spiegel und hat die Möglichkeit, durch das Relotius-Organ mit seiner immer noch enormen Reichweite ein paar klarstellende Sätze unters Volk zu bringen. Klärungsbedarf gibt es schließlich genug: Die EZB enteignet fröhlich die deutschen Sparer; den Grundschulen fehlen tausende Lehrer; klimareligiöse Kinderkreuzzügler ziehen der Wirtschaft den Boden unter den Füßen weg, und eine grüne Bezirksbürgermeisterin in Berlin muß No-go-areas einräumen und daß sie sich schon lange nicht mehr in die Stadtparks traut. Doch der Präsident und seine Stichwortgeber schütten sich nur gegenseitig ihr trauriges Herz aus über den Wahlerfolg der AfD, die als steinernder Gast mit am Tisch sitzt.

Was er unter Bürgerlichkeit verstehe, wird Frank-Walter Steinmeier gefragt, und er antwortet, sie äußere sich „in der Verteidigung der Freiheit, der Anerkennung des Individuums und damit auch im Respekt vor Andersdenkenden“. Genau den läßt er aber im Interview vermissen. Mit Alexander Gaulands Äußerung konfrontiert, die AfD sei „der Vertreter des Bürgertums“, erklärt er, da reibe er sich „ein wenig die Augen“. Denn jede Partei müsse „sich entscheiden, wo sie stehen will: entweder völkisch kollektivistisch oder aufgeklärt bürgerlich. Beides gleichzeitig geht nicht“. Wo er die AfD verortet, ist klar. Statt „Menschen- und Bürgerrechte, Rechtsstaatlichkeit, Minderheitenschutz und Freiheit von Diskriminierung“ zu vertreten, huldige sie einem ausgrenzenden, autoritären oder gar völkischen Denken“. Das sei „antibürgerlich.“

Zur Bürgerlichkeit gehören Maß und Mitte

Steinmeier erschöpft sich in Klischees, die in allen Einzelheiten richtigzustellen weder politisch noch intellektuell einen Mehrwert abwirft. Deshalb nur soviel: Zur bürgerlichen Aufgeklärtheit gehören auch Maß und Mitte und für einen Politiker die Erkenntnis, daß das eigene Staatsvolk – zumal auf eigenem Territorium – für ihn Vorrang zu genießen hat. Nur unter dieser Voraussetzung bleibt der Staat handlungsfähig und kann auch außerhalb seiner Grenzen Gutes bewirken. Das als „völkisch“ abzuqualifizieren, disqualifiziert den, der den Bannspruch verhängt.

Recht hat der Präsident, wenn er Bürgerlichkeit nicht an Herkunft und gesellschaftlichem Rang festmachen will. Der Arbeiter von der Müllabfuhr, der Tag für Tag zuverlässig um vier Uhr früh aufsteht, der mit harter Arbeit sich und seine Familie ernährt und den Respekt seiner Mitbürger erwirbt, der außerdem aufpaßt, daß seine Kinder keine Schule schwänzen, der trägt eine Menge zum Funktionieren, zur Stabilität und zum Zusammenhalt der Gesellschaft bei. Er handelt – ob bewußt oder unbewußt – in hohem Maße bürgerlich.

Akademisch geschulte Journalisten hingegen, die sich auf das Anschwärzen unliebsamer Meinungen spezialisieren, die soziale Vernichtung Andersdenkender betreiben und ihre Leser, Hörer oder Zuschauer animieren, ebenfalls ihren inneren Schweinehund auszuleben, handeln antibürgerlich und asozial. Gleiches gilt für Politiker oder Kirchenführer, die rücksichtslos eine Politik der offenen Grenzen fordern, sei es, um die biologische Ausdünnung des vermeintlich fluchbeladenen Volkes zu betreiben, um neue Wählerschichten oder um weitere Arbeitsplätze in der Sozialindustrie zu generieren, mit denen sie ihre Anhänger versorgen können. Unter diesem Gesichtspunkt schneidet die AfD gegenüber den Altparteien und anderen Vereinen ziemlich gut ab.

Steinmeier betreibt Wählerbeschimpfung

„Wer diejenigen, die anderer Meinung sind, herabwürdigt, wer zu Haß und Gewalt aufruft, der will nicht diskutieren, sondern der will den Diskurs zerstören.“ Überflüssig zu erwähnen, daß Steinmeier nicht die militanten AfD-Gegner meint, sondern jene Partei attackiert, die erwiesenermaßen am meisten unter Haß- und Gewaltaktionen zu leiden hat. Mit dieser Umkehrung desavouiert er nicht nur sein hohes Amt, das auf Neutralität und Integration der unterschiedlichen politischen Lager angelegt ist, er heizt die ohnehin aufgeladene Stimmung zusätzlich an.

Und weiter in der Wählerbeschimpfung: „Die eigene Geschichte und die Gegenwart derjenigen, die wählen gehen, sind nicht mehr genügend miteinander verknüpft. Denn ein geeintes Europa und ein demokratisches Deutschland sind die Lehren aus unserer schrecklichen Vergangenheit. Unsere Verantwortung kennt keinen Schlußstrich.“ Auch das sind hohle Worte. So ganz ein Kind der Bundesrepublik, identifiziert Steinmeier „die Geschichte“ mit dem braunen Jahrzwölft. Und seinen gleichgesinnten Fragestellern fällt nicht ein, ihn zu fragen, weshalb denn die Beziehungen zu vielen ehemaligen Kriegsgegnern wieder so angespannt sind. Ob die gezogenen Lehren vielleicht doch nicht ganz die richtigen waren?

Der Präsident auf dem Niveau eines Parteifunktionärs

Das Interview liest sich wie ein Selbstgespräch unter Autisten, die die Welt nicht mehr verstehen und nicht begreifen, warum die Politik, die sie ausführen und propagieren, von vielen Menschen in Deutschland, Europa und Amerika als eine politische, rechtliche, soziale, kulturelle und lebensweltliche Enteignung empfunden wird.

Frank-Walter Steinmeier ist gewiß ein netter Mensch. Doch im Spiegel-Interview und in seiner Amtsführung bewegt er sich auf dem Niveau eines mittelmäßig begabten Partei- oder Gewerkschaftsfunktionärs.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Gespräch mit Journalisten Foto: picture alliance/Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa
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