Anzeige
Anzeige
Max Otte, Kapitaltag, Vermögensschutz, Markus Krall, Stefan Homburg

Parteiausschlußverfahren: Gedeon und die Grenzen der AfD

Parteiausschlußverfahren: Gedeon und die Grenzen der AfD

Parteiausschlußverfahren: Gedeon und die Grenzen der AfD

Gedeon
Gedeon
Wofgang Gedeon auf dem Bundesparteitag der AfD in Köln im April 2017 Foto: picture alliance/dpa
Parteiausschlußverfahren
 

Gedeon und die Grenzen der AfD

Der ungelöste „Fall Gedeon“ zeigt: Die AfD ist mit der berechtigten Kritik an einer überbordenden Political Correctness groß geworden. Als Partei durchaus legitimer Tabu-Brüche hat sie nun selbst das Problem, innerparteilich deutlich zu machen, wo mit dem lockeren „Das wird man ja noch sagen dürfen“-Diskurs Schluß ist. Hierzu gehört zweifellos der Antisemitismus. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
Anzeige

Das Landesschiedsgericht der AfD Baden-Württemberg hat das Parteiausschlußverfahren gegen den Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon eingestellt. Aus formalen Gründen, wie es heißt, ohne die Frage des Antisemitismus in den Schriften Gedeons inhaltlich zu bewerten.

Ausführliche Beweismittel in dem im Sommer 2016 vom Landesvorstand eröffneten Verfahren gegen Gedeon seien nicht rechtzeitig vorgelegt worden, läßt der derzeitige Landesvorsitzende Ralf Özkara mitteilen. Die Fristen dafür seien am 28. Februar 2017 verstrichen. Mit anderen Worten: Das Verfahren wurde offenbar schlampig und lustlos von den Verantwortlichen geführt. Ein Armutszeugnis für die AfD.

Der „Fall Gedeon“ ist Symptom für eine Partei, die immer wieder bei ausbleibender klarer Führung zum Spielball von Provokateuren und Radikalen wird. Wie konnte ein Mann wie Gedeon überhaupt für den Landtag aufgestellt werden? Warum dauerte es so lange, ihn aus der Fraktion auszuschließen?

„Prototyp antisemitischen Verschwörungstheoretikers“

Warum verschlampt der Landesvorstand die Beweisführung in einem Parteiausschlußverfahren bei einem Mann, über den Marc Jongen, der derzeitige Ko-Sprecher der AfD Baden-Württemberg, in dieser Zeitung nach Ausbruch der Affäre im Juni 2016 erklärte:

„Der Mann ist geradezu der Prototyp dessen, was man gemeinhin einen ‘antisemitischen Verschwörungstheoretiker’ nennt.

Daß diese Schmähvokabel hier nicht leichtfertig hingeschrieben ist, zeigt Wolfgang Gedeons Selbstbeschreibung als ‘Antizionist’ und Aufdecker von ‘Verschwörungspolitik’, die sich ihr bis auf Haaresbreite nähert. Ob wir darin eine kokette Provokation des Autors erkennen dürfen, mit der er seinen Lesern augenzwinkernd signalisiert, woran sie bei ihm sind, oder ob er tatsächlich an die zur eigenen Verteidigung vorgebrachte kategorische Unterscheidung zwischen ‘Antisemitismus’ (als rassistisch motivierte Judenfeindschaft) und ‘Antizionismus“ (als Gegnerschaft lediglich zu einer ‘nationalistischen Ideologie’) glaubt, wird nicht letztgültig zu ermitteln sein.

Es ist auch gar nicht entscheidend, denn ein erklärter ‘Antizionist’ ist ebenso ein Judenfeind, wie ein ‘Antisemit’ einer ist, und Herrn Gedeons spitzfindige Unterscheidungen, die er in seinen Texten übrigens keineswegs konsequent durchhält, werden keinen halbwegs klarsichtigen Menschen vom Gegenteil überzeugen.“

Mißbrauch für internen Machtkampf

Der AfD-Bundessprecher und damalige Fraktionsvorsitzende im Stuttgarter Landtag, Jörg Meuthen, arbeitete 2016 nach Bekanntwerden von Gedeons Schriften zügig auf seinen Ausschluß aus der Landtagsfraktion hin. Schnell wurde der Konflikt jedoch Teil des tobenden Machtkampfes mit der damaligen Ko-AfD-Chefin Frauke Petry. Beide zogen in der Frage wochenlang nicht an einem Strang.

Petry war die Beschädigung Meuthens als führungsschwach offenbar wichtiger als die rasche Trennung von Gedeon. Die AfD-Fraktion verwandelte sich in einen Trümmerhaufen, spaltete sich und hat sich trotz Wiedervereinigung von dieser Krise bis heute nicht mehr erholt.

Der ungelöste „Fall Gedeon“ zeigt: Die AfD ist mit der berechtigten Kritik an einer überbordenden Political Correctness und täglichen Einschränkungen der Meinungsfreiheit groß geworden. Als Partei durchaus legitimer Tabu-Brüche gegen einen hegemonial links-liberal bestimmten Mainstream hat sie nun selbst das Problem, innerparteilich deutlich zu machen, wo mit dem lockeren „Das wird man ja noch sagen dürfen“-Diskurs Schluß ist. Und hierzu gehört zweifellos der Antisemitismus.

Insofern darf man gespannt sein, ob die AfD Baden-Württemberg tatsächlich auf eine Berufung im Parteiausschlußverfahren verzichtet und die Landtagsfraktion glaubt, Gedeon – der sich bis heute um kein Jota von seinen Schriften distanziert, die er als programmatische „Kader-Lektüre“ der AfD empfohlen hat – wieder in die Fraktionsarbeit einzubinden.

Wofgang Gedeon auf dem Bundesparteitag der AfD in Köln im April 2017 Foto: picture alliance/dpa
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen