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Asylstreit zwischen CDU und CSU: Die mutlose Kanzlerin ist angeschlagen

Asylstreit zwischen CDU und CSU: Die mutlose Kanzlerin ist angeschlagen

Asylstreit zwischen CDU und CSU: Die mutlose Kanzlerin ist angeschlagen

Merkel
Merkel
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Fraktionssondersitzung Foto: picture alliance/dpa
Asylstreit zwischen CDU und CSU
 

Die mutlose Kanzlerin ist angeschlagen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit ihrer Flüchtlingspolitik Deutschland gespalten, sie hat Europa gespalten, und sie ist drauf und dran, auch CDU und CSU zu spalten. Eigentlich müßte sie die Vertrauensfrage stellen, aber dafür fehlt ihr der Mut. Denn sie weiß, ihre Macht schwindet. Ein Kommentar von Jörg Kürschner.
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Das hätte kaum jemand für möglich gehalten: Horst Seehofer hat offenbar den politischen Mut, der Angela Merkel derzeit fehlt. Der Innenminister, oft nicht ganz zu unrecht verspottet als ein „Drehhofer“ der kräftigen Worte mit geringen Folgen, zeigt seiner Gegenspielerin im Kanzleramt überraschend die Zähne, wagt die Machtprobe. Im Streit über die Asylreform droht der CSU-Chef Merkel mit einem Ministerentscheid, den er sich am Montag vom CSU-Vorstand bestätigen lassen will.

Mit einem solchen Alleingang würde Seehofer die im Grundgesetz verankerte Richtlinienkompetenz Merkels aushebeln. Macht Seehofer in der kommenden Woche mit dem Ministerentscheid in eigener Ressortverantwortung ernst, müßte die Kanzlerin ihren Innenminister entlassen, um ihr Gesicht zu wahren. Eine Regierungskrise wäre die Folge, ein Koalitionsbruch denkbar mit möglichen Neuwahlen. Ein realistisches Szenario drei Monate nach Bildung der Koalition von CDU, CSU und SPD. Ob es wirklich dazu kommt, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Jedenfalls steht die CSU geschlossen hinter ihrem Parteivorsitzenden.

Schäuble bewahrt Merkel vor Niederlage

Zurück bleibt schon jetzt eine angeschlagene CDU-Vorsitzende. Eine mutlose Kanzlerin, die die Vertrauensfrage stellen müßte. Zunächst in der gemeinsamen CDU/CSU-Fraktion. Dort hatte Merkel bereits am Dienstag ihre schwindende Macht gespürt und Seehofer einen Punktsieg errungen. Nur wenige der insgesamt 246 Parlamentarier waren bereit, die Kanzlerin zu unterstützen, die dem europäischen Recht Vorrang einräumen will vor nationalem Recht.

Merkel ist der Ansicht, daß erst in einem Asylverfahren geprüft werden soll, ob der Antragsteller in ein anderes Land zurückgeführt werden kann. Seehofer dagegen betont, für die Zurückweisung eines Asylanten reiche die Feststellung der Grenzbeamten aus, daß er schon in einem anderen EU-Land in der Fingerabdruckdatei Eurodac registriert wurde. Bei einer Vertrauensfrage im Bundestag, die ihr Vorgänger Gerhard Schröder nie gescheut hat, könnte Merkel in geheimer Abstimmung womöglich auf die Stimmen der Grünen hoffen, ihren Reserve-Koalitionspartner in der Flüchtlingspolitik. Der Ausgang wäre offen.

Mag auch CDU-Grande Wolfgang Schäuble mit seinem Plädoyer für eine europäische Regelung Merkel in letzter Minute vor einer dramatischen Niederlage im CDU-Teil der Fraktion bewahrt haben, die Kanzlerin wird über ihre politische Zukunft nachdenken müssen. Ihr politischer Gesichtsverlust ist immens.

Verheerende Bilanz

Sie hat mit ihrer Flüchtlingspolitik Deutschland gespalten, sie hat Europa gespalten, sie ist drauf und dran auch CDU und CSU zu spalten, die wegen ihrer tiefgreifenden Differenzen heute getrennt getagt haben. Welch eine verheerende Bilanz! Merkel-Dämmerung?

Vor einigen Jahren hat Seehofer vor Merkel gewarnt. Wer sie unterschätze, habe schon verloren. Vielleicht hat Merkel Seehofer unterschätzt. Es ist zu hoffen, daß er sich durchsetzt und die versprochene Neuorientierung in der Asylpolitik einleitet. Als Signal an Flüchtlinge und als Signal an die Europäische Union, daß in Berlin auch nationale Interessen wieder eine Rolle spielen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Fraktionssondersitzung Foto: picture alliance/dpa
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