„Da läuft es mal gut – und dann das!“ Dieser Stoßseufzer eines AfD-Mitglieds im Wahlkampstreß dürfte keineswegs singulär gewesen sein, als Alexander Gaulands Spruch über die Bundesbeauftragte für Integration durch den Blätterwald rauschte. Warum um alles in der Welt mußte der AfD-Spitzenkandidat diesen einen Halbsatz heraushauen: „und wir werden sie dann auch – Gott sei Dank – in Anatolien entsorgen können“?
Aydan Özoğuz macht eine Politik, die man aus guten Gründen ablehnen sollte. Sie schadet Deutschland, sie gehört nicht auf einen so einflußreichen Posten im Kanzleramt. Punkt.
Aydan Özoğuz ist politisch eine Katastrophe. Aber sie ist Deutsche – seit 1989. Das gilt unabhängig von der Herkunft ihrer Eltern. Auch in der AfD, sogar in Führungspositionen, gibt es Leute, deren Familie eingewandert ist. Von (potentiellen) Wählern der Partei mit Migrationshintergrund ganz zu schweigen.
Munition für die politische Konkurrenz
Warum überhaupt die anatolische Anspielung? Steckt darin nicht eben doch das Vorurteil nach dem Motto: „einmal Türke, immer Türke“? Und was bedeutet das im Umkehrschluß für das politische Ringen mit – sagen wir: Katrin Göring-Eckardt? Oder Angela Merkel? Die sind ja schließlich „richtig“ deutsch …
Gerade weil die AfD häufig Opfer unfairer Methoden ist, sollte die Partei einen strengen Maßstab an sich selbst anlegen. Daß die Sitten in diesem Jahr besonders verroht sind, sollte nicht als Freibrief verstanden werden, dem schlechten Beispiel anderer zu folgen. Der Szenenapplaus im thüringischen Worbis darf darüber nicht hinwegtäuschen.
Auch im Wahlkampf macht der Ton die Musik. Schon wirft die CDU ihre Leimrute aus in Richtung wankelmütiger Bürgerlicher: Seht her, das sind gar keine Konservativen, sondern doch nur Rassisten. Ist es nicht töricht, der politischen Konkurrenz so billig Munition zu liefern?
Der Hinweis auf die Osttürkei war daneben
Wir können das hysterische Gegeifer der notorischen AfD-Hasser von links bis linksaußen getrost ignorieren, um trotzdem klar und deutlich zu sagen: Lieber Herr Gauland, Ihr Hinweis auf Anatolien war daneben, er gab der berechtigten und notwendigen Kritik an der Integrationsbeauftragten einen falschen, einen fatalen Zungenschlag.
So etwas sollte nicht passieren, kann aber im Eifer eines Wahlkampfs herausrutschen. Ihre Rechtfertigung danach hat die Sache leider nicht besser gemacht. Ein Gentleman bricht sich keinen Zacken aus der Krone, wenn er Fehler zugibt und ehrlich bedauert.
Ja gewiß: Frau Özoğuz „gehört entsorgt“. Aber nur als Politikerin, versteht sich. Und zwar aufs Altenteil. Nicht nach Anatolien!